Gibt es in Zukunft genügend qualifizierte Mitarbeiter? Auch wenn das Thema Fachkräftemangel und Fachkräftesicherung angesichts der gegenwärtigen Krise etwas in den Hintergrund tritt, wird spätestens mit der nächsten Aufschwungphase der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften umso deutlicher spürbar werden. Die beiden Wirtschaftskammern: Die Handeslkammer für Schwaben (HWK) und die Industrie und Handelskammer Schwaben (IHK) haben sich daher entschlossen, eine breit angelegte, wissenschaftliche Studie zum Thema „Fachkräftesicherung/ Fachkräftemangel“ in Auftrag zu geben. Zusammen mit Partnern aus Kommunalpolitik, Arbeitsverwaltung, Gewerkschaft und Hochschule wird dieses brisante Zukunftsthema angegangen. Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger lud gemeinsam mit Landrat Hans-Joachim Weirather zu einer Pressekonferenz in das Memminger Rathaus ein, um die Ergebnisse der Befragung von rund 200 Unternehmen aus Memmingen und dem Unterallgäu der Öfftentlichkeit vorzustellen.
Fachkräftemangel - für fast jeden zweiten Betrieb ein Problem
Allein im Wirtschaftsraum Memmingen/Unterallgäu beteiligten sich rund 200
Firmen an der Studie, schwabenweit nahmen über 1300 Firmen aus
Industrie, Handel und Handwerk an der Befragung teil. Quer durch alle
Branchen und Betriebsgrößen zeigen die Ergebnisse ein repräsentatives
Bild zur Situation auf dem Fachkräftesektor. Für 44 % der Betriebe in Memmingen/ Unterallgäu hat der Fachkräftemangel „sehr große“ bis „große“ Bedeutung. Mit zunehmender Betriebsgröße wächst dabei die Betroffenheit. Mittlere und große Unternehmen beklagen überdurchschnittlich häufig, dass sie keine Fachkräfte finden.
Metall- und Maschinenbau am meisten betroffen
Der Fachkräftemangel variiert sehr stark zwischen einzelnen Branchen. Einen hohen Bedarf an Fachkräften gibt es auf Seiten der Industrie im Maschinenbau sowie im Metallbereich. Große Probleme bei der Stellenbesetzung melden auch die handwerklichen Metall- und Zuliefererfirmen und die Ausbauhandwerke. In den Dienstleistungsberufen messen die Betriebe dem Fachkräftemangel dagegen nur eine untergeordnete Bedeutung zu.
Facharbeiter und Gesellen sind besonders gefragt
„Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass nur Ingenieure gesucht werden“, so die Projektleiter, Dr. Peter Lintner von der IHK Schwaben und Bärbl Kohler von der HWK Schwaben. Im Gegenteil: der Bedarf an Facharbeitern und Gesellen ist zwei bis dreimal so hoch wie der an Ingenieuren. In Zukunft haben also hauptsächlich Personen auf der mittleren Qualifikationsstufe (mit abgeschlossener Berufsausbildung) gute Arbeitsmarktperspektiven. Wenn diese auch noch über Kenntnisse im gewerblich-technischen Bereich verfügen, dann sind sie „gefragte Leute“. Konkret gaben die Betriebe aus dem Raum Memmingen/Unterallgäu an, für die kommenden zwei Jahre knapp 300 Facharbeiter oder Gesellen aus dem Metall- und Elektrobereich zu suchen. Der Bedarf an Ingenieuren konzentriert sich insbesondere auf den Maschinenbau. Ein Dauerbrenner sind nach wie vor die kaufmännischen Assistenz- und Sachbearbeitungsberufe. Auch dort wird in den nächsten Jahren eine hohe Nachfrage erwartet.
Mit Bildung und Mitarbeiterbindung dagegen steuern
Viele Unternehmen haben das Thema Fachkräftesicherung bereits zur Chefsache erklärt und steuern bereits dagegen, indem sie vielfältige Gegenmaßnahmen ergreifen: Am häufigsten werden die verstärkte Berufsausbildung bzw. Weiterbildung genannt. Jeweils rund 60% der Firmen in der Region Memmingen/ Unterallgäu ergreifen diese Maßnahmen oft bzw. sehr oft. Auch die Mitarbeiterbindung, die Arbeitszeitverlängerung oder das Zahlen eines höheren Gehalts sind erfolgreiche praktizierte Strategien. „Die Handlungsmöglichkeiten der Betriebe sind noch nicht ausgeschöpft: Ältere länger im Betrieb halten, Beschäftigte mit Migrationshintergrund einstellen, familienfreundliche Arbeitszeiten einführen und mehr Frauen einstellen, alle diese Maßnahmen werden noch von zu wenig Firmen genutzt“, so das Fazit der Projektleiter.
Projekt wird fortgeführt
Das Thema Fachkräftesicherung wird die Kammern weiter beschäftigen. Auf
die nun abgeschlossene Befragung schwäbischer Unternehmen folgt Phase 2
des Projekts, die Erhebung von Bildungs- und Weiterbildungseinrichtungen, die von den Gebietskörperschaften finanziell getragen wird. Daran schließt sich die Erarbeitung von regionalen Strategien an, welche in Zusammenarbeit mit den Gebietskörperschaften, Agentur für Arbeit und Gewerkschaft angegangen wird. Mit gezielten, auf die Region und die Betriebe zugeschnittenen Maßnahmen sollen die Untenehmen in die Lage versetzt werden, ihren mittel- und langfristigen Fachkräftebedarf sicherzustellen.