Mobilitätskonzept für Memmingen als Modellregion
Bürgerpräsentation
Die Notwendigkeit Mobilität neu zu denken!
Mobil sein zu können ermöglicht die aktive Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, unter anderem die Versorgung, Beschäftigung, Bildung und Erholung sowie wichtige ökonomischen Prozesse.
Die Mobilität ist damit auch Grundlage und Ausdruck einer funktionierenden arbeitsteiligen Volkswirtschaft, in der Wohnen und Arbeiten meist räumlich getrennt ist. Sie ermöglicht daher die Erfüllung wichtiger Grundbedürfnisse des Menschen und kann daher selbst als ein solches gesehen werden.
Neben den Vorteilen hat insbesondere der aus der Mobilität resultierende Verkehr jedoch auch ökologische, soziale und ökonomische Belastungen und Schäden zur Folge. Diese Folgewirkungen führen dann zu einer Verminderung der Lebensqualität für Viele und bergen die Gefahr, die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen nachhaltig zu schädigen.
Deutlich wird dies unter anderem an der heute in den Fokus gerückten Problematik im Bereich Luftreinhaltung und Klimaschutz. Hier besteht ein unmittelbarer Handlungsbedarf auf allen Ebenen nationaler und kommunaler Planungen zur Abwehr schwerwiegender negativer Folgen.
Auch die Reduzierung anderer Umweltschäden, der Lärmbelastung von Menschen, des Ressourcen- und Energieverbrauchs sowie der Toten und Verletzten im Straßenverkehr erfordert weitergehende Anstrengungen.
Diese drängenden Herausforderungen im Umwelt- und Gesundheitsschutz, ein geändertes Mobilitätsverhalten sowie neue technologische Rahmenbedingungen erfordern eine neue Denk- und Handlungsweise im Bereich „Mobilität und Verkehr“.
Verkehr soll nicht mehr nur bewältigt,
sondern, soweit wie möglich, nachhaltig und zielorientiert gestaltet
und als Mobilität in der Gesamtheit verstanden werden.
Die Anforderungen an den Umwelt- und Gesundheitsschutz, die Sicherung und Erhöhung der Lebensqualität für zukünftige Generationen erfordern einen Wandel im Bereich der Mobilität!
Mobilität und Erreichbarkeit sollen mit einem möglichst geringen bzw. nachhaltigen Verkehrsaufwand möglich sein. Innerhalb der Wegekette soll dafür der Umweltverbund, d.h. die Gruppe der umweltverträglich(er)en Fortbewegungsmittel wie Bahn, Bus, Rad und Zufußgehen, gestärkt werden. Der Wandel muss hierbei so gestaltet werden, dass das Grundbedürfnis nach Mobilität, die Umwelt- und Gesundheitsbelange, aber auch die funktionellen Aufgaben der Stadt Memmingen u. a. als Wohn-, Wirtschafts-, Bildungs-, Versorgungs- und Verwaltungsstandort erfüllt werden.
Den Herausforderungen muss mit einer zielgerichteten und kontinuierlichen Planung von Mobilität und Verkehr Rechnung getragen werden. Geeigneten Maßnahmen sollen die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Neuausrichtung und nachhaltige Verbesserungen schaffen.
Ein integriertes Mobilitätskonzept für Memmingen als Antwort
Da die Mobilität von Menschen und Gütern nicht an Stadt-, Gemeinde- oder Landesgrenzen endet, soll auch das regionale Umland in die Untersuchung einbezogen werden. Dabei sind die vorhandenen Verkehrsmittel entsprechend ihren Stärken gleichberechtigt in die Betrachtung einer verkehrsträgerübergreifenden Modellregion „Zukunft der Mobilität“ einzubinden. Der Mobilitätsbedarf sowie das heutige und zukünftige regionale Mobilitätsangebot sollen als Gesamtsystem gesehen und verstanden werden.
Memmingen und sein Umland sind besonders als Modellregion geeignet, da mit dem Flughafen nahezu alle Verkehrsmittel im näheren Umfeld vorhanden sind und auch die Raumstruktur eine Berücksichtigung von städtischen und sehr ländlichen Gebieten ermöglicht.
Mit diesem Projekt sollen die Grundlagen für eine zukünftige Mobilitätsplanung in Memmingen geschaffen werden. Zudem sollen hierdurch Erkenntnisse und Lösungsansätze gewonnen werden, die dann auch für andere Regionen in Bayern zur Verfügung stehen.
Vorgehensweise
Die Erstellung des Mobilitätskonzeptes erfolgt in einem mehrstufigen Planungsprozess. Die einzelnen Projektphasen, widmen sich hierbei vereinfacht zusammengefasst folgenden Leitfragen:
- Projektphase 1: Was haben wir bereits?
Phase der Vororientierung/Vorbereitung - Projektphase 2: Wo wollen wir hin?
Festlegung von Zielen und Leitbildern - Projektphase 3: Was hindert uns, was hilft uns, die Ziele zu erreichen?
Phase der Problem- und Chancenanalyse - Projektphase 4: Was müssen wir tun, um die Ziele zu erreichen?
Maßnahmenuntersuchung mit Abwägung und Entscheidung - Projektphase 5: Wie gehen wir vor und sind wir auf dem richtigen Weg?
Umsetzung und Wirkungskontrolle
In der Projektphase 1 werden beispielsweise Vorgängeruntersuchungen analysiert und zusammengeführt, Mobilitätsbedarfe und Verkehrsursachen untersucht sowie die zukünftigen Rahmenbedingungen einer Mobilitätsentwicklung abgeschätzt. Hierbei wird als Untersuchungsraum auch das regionale Umland eingebunden. Die regionale Abgrenzung orientiert sich dabei entsprechend dem betrachteten Verkehrsmittel an den Pendler-/Kunden-einzugsbereichen von Memmingen.
In Projektphase 2 wird durch die Formulierung von Zielen eine gemeinsame Vorstellung entwickelt, wie eine zukünftige Mobilität in Memmingen aussehen und dementsprechend gestaltet werden soll.
Im Hinblick auf die Erreichung dieser Ziele wird die Bestandssituation dann genauer in Projektphase 3 analysiert. Es werden Probleme, die der Zielerreichung entgegenstehen (Mängel) oder aber Stärken, die eine Zielerreichung bereits heute unterstützen (Chancen) ermittelt und beschrieben.
Anschließend werden in Projektphase 4 Maßnahmen für den Planungsraum Memmingen entwickelt, welche die Chancen aufgreifen und die Mängel beheben sollen. Die Maßnahmen werden dabei hinsichtlich ihrer möglichen Wirkungen, Synergien und Konflikte bewertet und mit Prioritäten versehen, so dass in Projektphase 5 ein detaillierter Umsetzungsfahrplan (was muss bis wann getan werden) erarbeitet werden kann. Es werden zudem Möglichkeiten dargelegt, wie eine kontinuierliche Wirkungskontrolle ermöglicht werden kann, um frühzeitig den Bedarf von notwendigen Anpassungen an Maßnahmen oder den Realisierungsplan aufzuzeigen.
In der Erstellung einer Mobilitätskonzeption müssen hierbei wichtige, die Mobilität betreffende, Aspekte berücksichtigt werden (umfassender integrativer Ansatz). Die Mobilitätsplanung ist nur ein Teilprozess der kommunalen, regionalen und nationalen Planungen und mit diesen zu verzahnen. Zudem müssen neben der Berücksichtigung von Verkehrs-ursachen auch die Bedürfnisse, Interessen und das Grundlagenwissen verschiedener Nutzergruppen und relevanter Akteure einbezogen werden. Bei der Erstellung des Integrierten Mobilitätskonzeptes Memmingen spielen daher folgende Integrationsaspekte eine besondere Rolle:
Tabelle 1: Integrationsaspekte in der Verkehrsentwicklungsplanung. In Anlehnung an die Hinweise zur Verkehrsentwicklungsplanung der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V.
Sektorale Integration | Integration anderer kommunaler Fachplanungen. Abstimmung z. B. mit dem Klima- und Gesundheitsschutz (z.B. Luft-/Lärmschutz), der Finanzplanung und anderen Fachplanungsgebieten. Damit beispielsweise auch Berücksichtigung der kommunalen Belange wie Anforderungen an den Wirtschafts-, Einkaufs- und Bildungsstandort, den Hochwasserschutz oder den Rahmenbedingungen für Großveranstaltungen. |
Vertikale Integration | Berücksichtigung übergeordneter Fachplanungen, z. B. Bundesverkehrswegeplan, Landesverkehrsplan/-programm, Regionalverkehrsplan, Flächennutzungsplan. |
Horizontale Integration | Abstimmung mit den Belangen und Fachplanungen benachbarter Räume. Berücksichtigung von Kooperationen. |
Maßnahmenintegration | Aufnahme und Neubewertung der noch offenen Maßnahmen oder Leitbilder aus früheren Konzepten. |
Modale Integration | Integration aller Teilsysteme (Kfz, ÖPNV, Bahn, Fahrrad, Zufußgehen, alternative Mobilitätsangebote). Erarbeitung eines strategischen Rahmens für Maßnahmen bei Teilkonzepten. Förderung einer multi- und intermodalen Mobilität mit dem Schwerpunkt im Umweltverbund. |
Ursachenintegration | Gründe für Mobilität und Verkehrsverhalten. Raumanalyse. Betrachtung von Wegezwecken im Personen- und Wirtschafts- bzw. Güterverkehr. |
Zeitliche Integration | Kontinuierliche Datenaufnahme und Wirkungsanalyse. Kontinuierliche Prüfung, ob Anpassung bzw. Fortschreibung der Konzeption erforderlich wird. |
Integration der Öffentlichkeit | Beteiligung u.a. von Bürgern, Interessensvertretern und Experten/Akteuren im Bereich Mobilität von Memmingen (Stakeholder). |
Soziale Integration | Berücksichtigung der verschiedenen sozialen Gruppen, z. B. Ältere, Kinder, Familien, mobilitätseingeschränkte Personen und Menschen mit unterschiedlichen Einkommensverhältnissen. |
Zeitschiene des Projekts und aktueller Planungsstand
Für die Erarbeitung des Mobilitätskonzeptes sind insgesamt 24 Monate vorgesehen.
In der Projektphase 1 wurden relevante lokale und übergeordnete Untersuchungen und Konzeptionen ausgewertet und in die Untersuchung eingebunden. Aus dem integrierten Stadtentwicklungskonzept konnten hierbei z. B. erste wichtige Prognosen zur zukünftigen Verkehrsentwicklung und Kennziffern zur Verkehrsmittelwahl (Modal Split) entnommen werden. Ende letzten Jahres wurden die Ergebnisse der Projektphase 1 der Lenkungsgruppe und den Bürgern in einen ersten Bürgerworkshop vorgestellt.
In diesem Bürgerworkshop am 2. November 2021 wurden dann im Rahmen der Projektphase 2 zudem Ziele für eine zukünftige Mobilität in Memmingen diskutiert und erarbeitet. Durch den einstimmigen Beschluss der Ziele am 13. Dezember 2021 durch den Stadtrat wurde die Projektphase 2 abgeschlossen.
Das Projekt befindet sich momentan in der Projektphase 3 „Analyse von Problemen und Chancen“.
Die Fertigstellung des Mobilitätskonzeptes soll im November 2022 erfolgen. Ende des Jahres wird das Konzept dann den Bürgern, Beteiligten und politischen Gremien vorgestellt und soll durch den Stadtrat verbindlich beschlossen werden. Durch diese politische Legitimierung wird das integrierten Mobilitäts-konzept dann als übergeordnetes Rahmenwerk eine Grundlage für die Entscheidungen in der weiteren Mobilitäts- und Siedlungsentwicklung in Memmingen sein.
Ziele für eine zukünftige Mobilität in Memmingen
Den Leitzielen kommt im Konzept eine zentrale Bedeutung zu. Sie dienen zum einen der Bewertung der heutigen Ausgangssituation. Es geht dabei um die Beurteilung, ob mit dem heutigen Mobilitätsangebot hinsichtlich der zukünftig zu erwartenden Rahmenbedingungen die gemeinsam vereinbarten Ziele erreichen werden können. Die definierten Ziele sind aber auch eine fest vereinbarte Vorgabe, welche Wirkungen die zukünftigen Planungen und Maßnahmen im Bereich Mobilität erfüllen sollen.
Die vorab in der Lenkungsgruppe definierten Zielbereiche (Oberziele) und erste zugehörige Unterziele wurden den Bürgern im Rahmen eines Bürgerworkshops am 02. November 2021 präsentiert und zur Diskussion gestellt.
Zentrales Ziel ist die Erhaltung und Sicherung der Lebensqualität heutiger und zukünftiger Generationen. Wichtige Voraussetzung zur Erreichung der Ziele ist ein verändertes Mobilitätsbewusstsein. Das Mobilitätsbewusstsein und die Ziele beeinflussen sich hierbei gegenseitig. So sollen die Maßnahmen in den Zielbereichen die notwendigen Veränderungen im Mobilitätsbewusstsein unterstützen.
Der beschlossene Zielkatalog kann im Downloadbereich heruntergeladen werden.
Beteiligung und kommende Termine
In den heutigen Anforderungen an den Planungsprozess kommt insbesondere der Integration aller Beteiligten eine wesentliche Rolle zu. Für eine erfolgreiche Umsetzung des Mobilitätskonzeptes ist es notwendig, neben den betroffenen Verwaltungseinheiten, politischen Entscheidungsgremien, Akteuren im Bereich Mobilität, Experten, Interessen- und Umweltverbänden, größere Unternehmen und Institutionen, vor allem die Bürgerinnen und Bürger in die Konzepterstellung eng einzubinden.
Um einen möglichst breiten Konsens im Hinblick auf die zukünftige Mobilität in Memmingen zu finden und möglichst viele Änderungswünsche, Vorschläge und Anregungen zu berücksichtigen, wird eine Bürger- und Expertenbeteiligung während der Bearbeitung der einzelnen Planungsstufen 1 bis 4, z.B. im Rahmen von Online-Angeboten und Bürgerworkshops, erfolgen.
Zurzeit erfolgt eine Bürgerbefragung im Rahmen der Projektphase 3 zu Mängeln und Stärken (siehe oben unter „Bürgerbeteiligung“). Nach den Osterferien startet zudem die Befragung zum Mobilitätsverhalten und Mobilitätsangebot. Der nächste aktive Bürgerworkshop ist nach den Sommerferien vorgesehen. In diesem Workshop sollen die Befragungsergebnisse vorgestellt werden sowie mögliche Maßnahmen mit den Bürgern diskutiert und vertieft werden.
Zu diesem Workshop sind alle Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen, die aktiv teilnehmen möchten, das Mobilitätsgeschehen im Raum Memmingen zu gestalten und im Blick auf die zukünftigen Herausforderungen zu verbessern.
Die genauen Termine, Informationen und Dokumente zu den geplanten Umfragen und Veranstaltungen werden regelmäßig nach Festlegung auf dieser Internetseite veröffentlicht.
Downloads
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Beschlussvorschlag für die Sitzung des Plenums am 13.12.2021 Leitbild und Ziele im Rahmen des Mobilitätskonzeptes Memmingen (Modellregion Mobilität)
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Integriertes Mobilitätskonzept Memmingen Ergebnisdokumentation Februar 2023