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Würde und Freiheit für alle Menschen

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Bischof Erwin Kräutler erhält Memminger Freiheitspreis von Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger – Laudator Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm

Kirchenglocken läuteten den Festakt zur Verleihung des Memminger Freiheitspreises ein, der bei schönstem Herbstwetter unter freiem Himmel auf dem Memminger Marktplatz stattfand. Über 3000 Menschen waren gekommen, um die Ehrung des katholischen Bischofs em. Dr. Erwin Kräutler mitzufeiern. „Sie leben und verkörpern, woran der Memminger Freiheitspreis erinnert“, würdigte Laudator Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern und als EKD-Ratsvorsitzender der höchste Repräsentant der evangelischen Kirche in Deutschland. Mutig setze sich Bischof Kräutler seit mehr als 50 Jahren wirksam und mit seinem ganzen Leben für die Landlosen in Brasilien ein, für die Indios und den Urwald in Amazonien. „Dieser Mut brach nicht, als die Militärpolizei oder bewaffnete Großgrundbesitzer Ihr Leben bedrohten oder das Ihrer Mitstreiter“, betonte Bedford-Strohm.

1965 ging Kräutler als junger Priester der Kongregation vom Kostbaren Blut nach Brasilien, wirkte dort 15 Jahre als Pfarrer und 35 Jahre als Bischof der Diözese Xingu im Norden Brasiliens, die flächenmäßig so groß wie Deutschland ist. Prof. Dr. Bedford-Strohm beschrieb in seiner Laudatio Kräutlers umfassendes Engagement für die Armen in Brasilien, seinen Einsatz für ein freies und selbstbestimmtes Leben von Frauen und Indios, seinen Kampf für die Natur in Amazonien, der Lunge des Planeten Erde, und nicht zuletzt die Leidenschaft des Bischofs für eine Kirche Jesu Christi, in der Menschen aufleben können. „Sie haben es geschafft, zusammen mit anderen Menschen und mit Gottes Hilfe, den Indios zu innerer und zu äußerer, gesetzlich verankerter Freiheit zu verhelfen“, betonte Landesbischof Bedford-Strohm. 1988 seien die Rechte der indigenen Bevölkerung in der Verfassung von Brasilien verankert worden.

Bischof Kräutler sei ein „vorbildhafter Streiter für Recht und Gerechtigkeit“ würdigte Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger die Lebensleistung von Bischof Kräutler. In einem feierlichen und zugleich kurzweiligen Festakt verlieh das Stadtoberhaupt dem katholischen Bischof den“ Memminger Freiheitspreis 1525“, der auf den Zwölf Bauernartikeln gründet, die im Jahr 1525 in Memmingen niedergeschrieben worden waren. „In Memmingen wurde damals deutsche Freiheitsgeschichte geschrieben. Zum ersten Male ist auf deutschem, ja mitteleuropäischem Boden die Geltung der Menschenrechte ausgehend vom göttlichen Gebot niedergeschrieben und eingefordert worden“, erläuterte der Oberbürgermeister.

In einer szenischen Lesung wurden die zwölf Artikel von Bauern-Darstellern unter der Leitung von Rolf Spitz verlesen. „Als ich die Zwölf Bauernartikel zum ersten Mal gelesen habe, habe ich mich sofort damit identifiziert“, erklärte Bischof Kräutler in einer Ansprache. Er erinnerte an das Leid der Indios, die um 1500 von den Europäern als Nichtvölker ohne Seele angesehen worden seien. Um den Erhalt der gesetzlichen Verankerung ihrer Rechte müsse weiter gekämpft werden, betonte Kräutler, der neben dem Portugiesischen auch einige Sprachen von Indio-Völkern gelernt hat.

Bischof Kräutlers Kampf gegen das Einknicken vor den Mächtigen interpretierten junge Tänzerinnen und Tänzer des Bernhard-Strigel-Gymnasiums unter der Leitung von Birgit Reuter in ihrem Tanz „Gier-Macht-Ohnmacht“. Sie zeigten tänzerisch die Jagd nach ungerechtem Reichtum und das Stehen von Wenigen auf dem Rücken von Vielen.

In ökumenischer Verbundenheit führten als Moderatoren Dekan Christoph Schieder und Dekan Ludwig Waldmüller feierlich und zugleich unterhaltsam-eloquent durch den Festakt.  

Stadtrat Herbert Müller, Vorsitzender des Kuratoriums „Memminger Freiheitspreis 1525“, erinnerte an die historische Bedeutung der Zwölf Bauernartikel und nannte Memmingen „die Stadt der Menschenrechte“.

Musikalisch getragen wurde der Festakt vom Bläserchor St. Martin (Leitung Rolf Spitz), vom Allgäuer Bauernchor (Leitung Uli Willer) und von der Memminger Stadtkapelle (Leitung Johnny Ekkelboom).

 

Bischof em. Dr. Erwin Kräutler ist der vierte Preisträger des Memminger Freiheitspreises. Vor ihm wurden der ehemalige ungarische Außenminister und Ministerpräsident Gyula Horn (2005), der deutsche Schriftsteller und Lyriker Reiner Kunze (2009) und die pakistanische Schülerin und Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai (2013) ausgezeichnet. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert, die vom Memminger Unternehmer Fritz Brey gestiftet wurden.

Verleihung des Memminger Freiheitspreises mit den Mitgliedern der Jury (von links): Dekan Christoph Schieder, Dekan i.R. Kurt Kräß, Dekanin Claudia Schieder, Preisträger Bischof em. Dr. Erwin Kräutler, Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger, Kuratoriumsvorsitzender Herbert Müller, Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm und Finanzminister a.D. Dr. Theo Waigel (Fotos: Roland Schraut/ Stadt Memmingen)
Laudator Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzender Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm
Der Memminger Marktplatz bot eine wunderbare Kulisse für den Festakt zur Verleihung des Memminger Freiheitspreises. Auf dem Podium präsentierte die Tanzgruppe des Bernhard-Strigel-Gymnasiums den Tanz "Gier-Macht-Ohnmacht".
Preisträger Bischof em. Dr. Erwin Kräutler C.PP.S
Der Bläserchor von St. Martin spielte teilweise mit Echo vom Martinsturm. Der Festakt wurde zur besseren Sicht auf eine LED-Leinwand übertragen.