Der mit 15 000 Euro dotierte „Memminger Freiheitspreis 1525“ wird noch im Jahr 2013 von Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger an Malala Yousafzai verliehen. Seit dem Jahr 2005 wird der „Memminger Freiheitspreis 1525“ für Verdienste um Freiheit, Recht und Gerechtigkeit zuerkannt. Erster Preisträger war der ehemalige Außenminister der Volksrepublik Ungarn und spätere Ministerpräsident der Republik Ungarn Dr. Gyula Horn. 2009 folgte der Schriftsteller Reiner Kunze. Mit der Erinnerung an das Bauernkriegsjahr 1525 soll das Erbe der in Memmingen von den aufständischen Bauern verfassten Zwölf Bauernartikel wachgehalten werden. Dieser Forderungskatalog gilt heute als erste Formulierung von Grund- und Menschenrechten auf deutschem Boden.
„Die Jury hat sich für Malala Yousafzai als diesjährige Preisträgerin für den „Memminger Freiheitspreises 1525“ entschieden. Die junge Frau ist eine sehr sehr gute Wahl und die Familie fühlt sich geehrt“, eröffnete Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger das Pressegespräch im Memminger Rathaus. Mit ihrem emanzipierten Auftreten für einen gleichberechtigten Bildungsanspruch für Mädchen in Pakistan habe Malala den „Grundgedanken des „Memminger Freiheitspreises 1525“ zum Ausdruck gebracht, so Dr. Holzinger weiter.
Jury-Mitglied und Sprecher des Kuratoriums „Memminger Freiheitspreis 1525“ Herbert Müller, MdL a. D, betonte, dass mit Malala erstmals eine Frau den „Memminger Freiheitspreis 1525“ verliehen bekomme. Bereits Ende Oktober/Anfang November des vergangenen Jahres seien über die Friedrich-Ebert-Stiftung mit Unterstützung des Außenministeriums, dem Bundeskanzleramt und einem vertrauten Journalisten der Familie Yousafzai die ersten Kontakte geknüpft worden. „Die Äußerungen von Malala in ihrem Internetblog über die Situation von Frauen und Mädchen in ihrer Heimat haben in Pakistan eine starke Bewegung ausgelöst“, so Müller weiter. Besonders bemerkenswert war, dass es nach dem Anschlag auf Malala in ganz Pakistan Demonstrationen gegen die Taliban gegeben habe.
Dekan Kurt Kräß als Erster Pfarrer von St. Martin in Memmingen und Jury-Mitglied brachte es auf den Punkt: „Engagiertes Auftreten für die Freiheit ist keine Frage des Alters und des Geschlechts, einer Kultur, einer Religionszugehörigkeit oder einer Weltanschauung“. Die Aktivitäten von Malala seien Vorbild für die junge Generation, für unsere Gesellschaft. Dies beeindrucke ihn besonders. „Gewalt und Freiheit schließen sich aus und Gewalt dürfe nie das letzte Wort haben“, betonte Kräß.
Oberbürgermeister Dr. Holzinger dankte bei dem Pressegespräch dem Mäzen Fritz Brey, der die Verleihung des „Memminger Freiheitspreises 1525“ als Stifter ermöglicht.
Der Zeitpunkt der Preisverleihung sowie die Person des Laudators oder der Laudatorin werden derzeit abgestimmt.
Malala Yousafzai war der Weltöffentlichkeit bekannt geworden, seit sie in einem Internetblog den Alltag im pakistanischen Swat-Tal dokumentierte. Ihre Schilderungen, die sie als 11-Jährige im Jahr 2008 begann, bezogen sich hauptsächlich auf die Unterdrückung der Rechte von Frauen und Mädchen. In den Jahren 2007 bis 2009 wurde das Swat-Tal von Taliban-Kämpfern beherrscht. Mit der Machtübernahme der Taliban in der Heimatregion Malalas durften 50.000 Mädchen nicht mehr die Schule besuchen, die Schulgebäude wurden gesprengt. Malala beschrieb, wie sie ihre Schulbücher unter Ihrem Kleid versteckte und wie es ist, auf dem Weg zur Schule täglich dem Tod zu begegnen.
Mit ihren Anklagen gegen das Schulverbot von jungen Mädchen wurde die Tochter eines Schulleiters zu einem Symbol für den ungehinderten Zugang von Frauen und Mädchen zu Bildung und Erziehung. Dass dabei Religiosität und Freiheitsrechte keinen Widerspruch darstellen, ist durch das Wirken von Malala Yousafzai, die Ihren Glauben auch gegen jeden fundamentalistischen Rigorismus verteidigt, für alle Menschen erfahrbar geworden.
Anfang Oktober 2012 wurde Malala Opfer eines grausamen Anschlags. Mit schweren Verletzungen überlebte sie einen Kopfschuss durch Taliban-Kämpfer, die ihr in einem Schulbus auflauerten. Das Attentat löste weltweit Empörung aus. US-Präsident Barack Obama, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und die EU-Außenministerin Catherine Ashton äußerten ihr Entsetzen über die Tat.
Die inzwischen 15-jährige Malala lebt derzeit mit ihrer Familie in Großbritannien und wird in einer britischen Klinik behandelt. Die Aussichten auf eine Genesung stehen nach Presseberichten gut.
Mit dem „Memminger Freiheitspreis“ werden Persönlichkeiten, Verbände und Initiativen ausgezeichnet, die sich im Namen der Menschenwürde für Freiheit, Recht, Gerechtigkeit einsetzen. In ihrem Bestreben Machtmissbrauch aufzudecken und zu verhindern sind sie ermutigende, motivierende Vorbilder in unserer Gesellschaft. In den Artikeln der Bauernschaft wurden auf der Grundlage des Evangeliums zum ersten Mal grundlegende Freiheitsrechte für Menschen eingefordert und in christlicher Verantwortung in einzelnen Forderungen nach Gerechtigkeit konkretisiert. Freiheit ist zu allen Zeiten ein Gestaltungsprozess, nie abgeschlossen, oft gefährdet, ein Prozess, der das Gespräch mit allen Gruppen der Gesellschaft braucht und sucht. Ergebnis dieses Prozesses ist die Formulierung von Recht, das Gerechtigkeit zum Ziel hat. Auf der Grundlage der Freiheitsrechte für jeden Menschen fordern die Bauernartikel die Legitimation und Beschränkung von staatlicher Gewalt. Macht darf nie willkürlich ausgeübt werden. Sie hat vielmehr der Freiheit und der Gerechtigkeit zu dienen. Der Freiheitspreis wird seit 2005 alle vier Jahre verliehen.
Die Jury des „Memminger Freiheitspreises 1525“ ist wie folgt besetzt:
- Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger
- dem ehemaligen Landtagsabgeordneten und Stadtrat Herbert Müller als Vertreter des Kuratoriums „Memminger Freiheitspreis 1525“
- dem evangelisch-lutherischen Dekan Kurt Kräß als Ersten Pfarrer von St. Martin
- sowie der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend a. D., Renate Schmidt
- dem ehemaligen Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel,
- dem Landesbischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern, Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm
- und dem Bauernkriegsforscher Prof. em. Dr. Peter Blickle