„Nicht um jeden Preis operieren!“, lautet die Devise von Chefarzt Professor Gutt als Organisator des Dreiländerkongresses Euregio in der Memminger Stadthalle, wo zwei Tage lang unter anderem über die Grenzen und Chancen der Chirurgie diskutiert wird. Bei der überregionalen, chirurgischen Plattform ist auch Burnout im Operationssaal ein Thema.
„Heutzutage ist technisch sehr viel möglich“, schildert Chefarzt Professor Dr. Dr. h.c. Carsten N. Gutt von der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Klinikum Memmingen. „Die Frage ist allerdings, ob die Operation dem Patienten etwas nützt.“
Sein Oberarzt Dr. Heinz Krautwurst nennt dazu ein Beispiel aus der Tumorchirurgie: „Natürlich können wir bei einem Krebspatienten die Metastasen immer und immer wieder entfernen, aber das führt dazu, dass der Kranke seine letzten Monate in der Klinik, anstatt zu Hause im Kreise seiner Familie verbringt.“ „Verantwortungsvoll operieren“ ist also die Devise von Chefarzt Gutt und seinem Chirurgenteam.
Neben den Ärzten und Pflegekräften des Klinikums Memmingen sind beim Dreiländerkongress in der Stadthalle weitere hochkarätige Referenten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vertreten, die einen tiefen Einblick in aktuelle Themen der operativen Kliniklandschaft geben.
„Moderne, minimal-invasive Techniken ermöglichen es uns heutzutage, dass man selbst bei großen chirurgischen Eingriffen ein kosmetisch einwandfreies Ergebnis erzielen kann“, schildert Professor Dr. Dr. h.c. Martin K. Walz aus Essen und zeigt Bilder von Patienten mit winzigen Narben. Allerdings warnt der Chirurg vor zu viel Euphorie: Kleine Zugänge führten nicht unbedingt dazu, dass der Patient weniger Schmerzen habe. Außerdem solle man keinen Operateur kritisieren, der aus Sicherheitsgründen eine größere Naht wähle.
In speziellen Workshops lernen die Operateure beim Kongress den Umgang mit Netzen und Implantaten in der Chirurgie – beispielsweise im Falle von Leisten- oder Bauchwandbrüchen, bei denen Netze im Körper des Patienten stabilisierend wirken können.
Um ein Gefühl für die Arbeit der Chirurgen zu bekommen, üben Operationsschwestern und -pfleger mit laparoskopischen Instrumenten: „Teamarbeit hängt entscheidend davon ab, was ich über die Arbeit des anderen weiß“, schildert der Pflegedirektor am Klinikum Memmingen, Hans-Jürgen Stopora.
Auch Burnout im Operationssaal ist ein Thema des Kongresses: Die Stresspräventionsberaterin Karin Probst aus Neu-Ulm beschreibt körperliche und mentale Strategien, um Burnout-Symptome abzuwehren und mehr Zufriedenheit und Leistungskraft im Krankenhaus zu erlangen: „Sorgen Sie nicht nur für andere, sondern auch für sich selbst.“ Dazu gehöre: „In der Pause tatsächlich eine Pause zu machen.“ Wichtig ist laut der ehemaligen Schauspielerin auch eine positive Grundeinstellung: „Freuen Sie sich über das, was ist, anstatt sich zu ärgern über das, was nicht ist. Denn im Moment das Ärgerns haben sie eine schlechte Immunabwehr.“
Wie man das Immunsystem von Krebspatienten stärken kann, weiß die Fachkrankenschwester der Onkologie am Klinikum Memmingen, Petra Schäfer, die beim Kongress ein Wanderprojekt für Tumorpatienten vorstellt: „Während man früher glaubte, Krebskrankte sollten sich möglichst schonen, weiß man heute, dass sportliche Aktivität den Heilungsprozess fördert.“
Weitere Informationen:
Der Dreiländerkongress Euregio findet seit zwei Jahrzehnten jährlich abwechselnd in Deutschland, Österreich und der Schweiz statt. Heuer ist zum zweiten Mal das Klinikum Memmingen Gastgeber der Veranstaltung, die, nach dem bayerischen Chirurgenkongress, die größte Plattform dieser Art in Süddeutschland ist.