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„Freue mich, dass ein so weltberühmter Schriftsteller hier liest“

Erstellt von Pressestelle |

Friedenspreisträger Boualem Sansal in Memmingen empfangen

 

„In meiner Heimat sind meine Bücher verboten, hier werde ich im Amtszimmer des Oberbürgermeisters empfangen“, entfuhr es dem algerischen Schriftsteller Boualem Sansal zu Beginn seiner Lesung im Memminger Antoniersaal. Dort trat er bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Buchhandlung Javurek und der Memminger Stadtbibliothek auf und stellte sein Buch „Das Dorf des Deutschen“ vor. Zuvor empfing ihn Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger im Rathaus und lud ihn zum Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Memmingen ein.

In Begleitung seines Verlagsmanagers Andreas Schmitt vom Merlin Verlag, Buchhändler Peter Javurek, Stadtbibliotheksleiter Franz Schneider und Dolmetscherin Viktoria Schneider empfing das Stadtoberhaupt mit seinen Stellvertretern den bekannten Autor in seinem Amtszimmer. Memmingen sei eine Stadt der Freiheit. Dies ziehe sich durch die Geschichte der freien Reichsstadt und habe seinen Höhepunkt in der Abfassung der Zwölf Bauernartikeln1525 gefunden, erläuterte das Stadtoberhaupt. Passend sei der Besuch Sansals auch schon deshalb, weil „sich der Begriff ‚Freiheit’ durch Ihre Schriften zieht“, so der Oberbürgermeister zu seinem Gast. Der Rathauschef ließ aber nicht unerwähnt, dass die Stadt den aufständischen Bauern in Anbetracht der Übermacht der Fürsten letztlich nicht helfen konnte. 

Auch im Anschluss an die Lesung, die der Schauspieler Richard Aigner gestaltete, wurden immer wieder Parallelen zu den aktuellen revolutionären Entwicklungen des „arabischen Frühlings“ gezogen. Sansal verbarg diesbezüglich nicht sein Pessimismus. Ihm mache Angst, dass sich nach der Revolution in den nordafrikanischen Ländern die Islamisten mehr und mehr festsetzten. „Zur Zeit ist keine Kraft da, die sich dagegen stellen kann. Die Demokraten sind nicht organisiert“, bedauert Sansal, der den radikalen Islamismus der faschistischen Ideologie der Nationalsozialisten gleichstellt und ähnliche Strukturen aufzeigte. 

Hinzu komme der Aderlass, da viele Intellektuellen ihre nordafrikanische Heimat für bessere Lebensperspektiven in Europa eintauschten. Sansal ist als einer der wenigen in seinem Land geblieben und nahm dafür Nachteile in Kauf. Wie Peter Javurek in seinen einführenden Worten ausführte, riet der Verlag ihm bei seiner ersten Veröffentlichung  „Le serment des barbares (dt. Der Schwur der Barbaren)“, die sich system- und gesellschaftskritisch mit den Verhältnissen in Algerien auseinandersetzt, zu einer Veröffentlichung unter einem Pseudonym. Sansal lehnte ab, wurde zuerst suspendiert, später von seinem Arbeitgeber, dem algerischen Industrieministerium, entlassen. Bis heute sind seine Bücher in Algerien verboten und nur „unter der Ladentheke“ erhältlich. 

Bei seiner Begrüßung in der Stadtbibliothek brachte der Oberbürgermeister den Stolz der Stadt zum Ausdruck, mit Sansal den aktuellen Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels zu Gast zu haben. „Ich freue mich, dass ein so weltberühmter Schriftsteller hier liest“, so der Oberbürgermeister. Mitveranstalter Peter Javurek fragte in Anbetracht eines bis auf den letzten Platz gefüllten Saales rhetorisch: „Wann schaffen wir es, mit Literatur einen Saal zu füllen?“.

Friedenspreisträger Boualem Sansal bei seiner Lesung im Memminger Antonierhaus.
Friedenspreisträger Boualem Sansal bei seiner Lesung im Memminger Antonierhaus. Fotos: Pressestelle der Stadt Memmingen.
Zuvor bei seinem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Memmingen. Ihn umrahmen (v.r.n.l.) Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger, Buchhändler Peter Javurek, Bürgermeister Helmut Börner, Bürgermeisterin Margareta Böckh, Verlagsmanager Andreas Schmitt (Merlin Verlag) sowie der Leiter der Stadtbibliothek Franz Schneider.
Mitveranstalter Peter Javurek führte in die Veranstaltung ein und stellte den Autor vor.
Boualem Sansal trug selbst ein Gedicht vor und stellte sich später den Fragen aus dem Auditorium. Aus dem Werk las Schauspieler Richard Aigner (rechts), während sich für die Übersetzung Viktoria Schneider (Mitte) verantwortlich zeigte.