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„Fahre nach Israel und finde die Familie Rosenbaum"

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Stadtrat a.D. Erich Häring nahm vor 50 Jahren Kontakt zur emigrierten jüdischen Familie Rosenbaum auf – Erinnerungen von Erich Häring, Raya Hoffmann und Esti Geva

„Fahre nach Israel und finde die Familie Rosenbaum“, lautete im Jahr 1965 die Bitte des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Heinrich Berndl an Stadtrat Erich Häring. Die Stadt hatte sich schon länger um einen Kontakt zu den Nachkommen der alten jüdischen Memminger Familie Rosenbaum bemüht, die nach erlittenen Repressalien in den 30er Jahren nach Israel emigriert waren. „Alle Briefe des Oberbürgermeisters an Gertrud Rosenbaum waren ungeöffnet mit dem Vermerk ,Annahme verweigert‘ zurückgekommen“, erzählt Stadtrat a.D. Erich Häring.

In seinem Wohnzimmer hat der heute 91-jährige Häring Besuch von Raya Hoffmann und Esti Geva, Töchtern der Gertrud Tamar Guggenheim, geborene Rosenbaum. Als Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger dazukommt, umarmen ihn die beiden Schwestern herzlich zur Begrüßung. „Er hat uns so viele Jahre begleitet, wir waren zu zahlreichen Empfängen nach Memmingen eingeladen“, erzählt die 65-jährige Raya Hoffmann, die in der Nähe von Haifa lebt. Wegen einer Gedenkveranstaltung für ihre Großtante Berta Weill, geborene Rosenbaum, in München sind die Schwestern auf Deutschlandbesuch. Ihre Mutter Gertrud Rosenheim hat die Kindheit und Jugend in Memmingen verbracht.

Die Familie betrieb einen großen Käsehandel in der Stadt und lebte in einer Villa am Kaisergraben, wo heute das Vöhlin-Gymnasium steht. Eine Gedenktafel in der Schule erinnert an die Rosenbaums. „In Israel gibt es viele, die von Deutschland nichts wissen wollen. Wir sind anders erzogen worden. Unsere Mutter hat von schönen Erlebnissen erzählt. Sie hatte eine schöne Jugend hier“, erklärt Raya Hoffmann.

Doch die Familie hat auch viel erlitten. Der Vater, Wilhelm Rosenbaum, kam Anfang der 30er Jahre ins KZ nach Dachau, wurde wieder freigelassen und emigrierte mit seiner Familie nach Israel.

Einige der Besitztümer der Familie wurden vor der Emigration in eine Holzkiste gepackt und bei einem befreundeten Milchbauern untergestellt. „1954 kam unsere Mutter zum ersten Mal wieder nach Memmingen. Sie ging damals auch zu dem Bauern, die Kiste war noch da mit Porzellan und solchen Dingen“, erzählt Esti Geva.

Mit der Familie Häring sind die Nachkommen der Rosenbaums heute eng verbunden. „Erich Härings Tochter, Helga Stetter, ist unsere Freundin“, erklärt Esti Geva. „Wir kommen nicht in die Gegend ohne ins Haus der Härings zu kommen. Wir sind mit mehreren Familien hier gut befreundet.“

Den Anfang für diese Freundschaften stellte der Besuch von Erich Häring und seiner Frau in Israel dar. „Im Flugzeug saß eine Frau neben mir, die für mich die Adresse von Gertrud Guggenheim ausfindig machte. Früh um 9 Uhr bin ich mit meiner Frau die Weizmannstraße 29 in Kiryat-Bialik hinaufgegangen und habe geklingelt.“ Als Gertraud Guggenheim hörte, wer vor der Tür stand, rief sie: „Verschwindet, mit Memmingen will ich nichts zu tun haben!“ Die Härings kehrten um. „Doch nach 30 Schritten kam der Ruf: ,Kommt zurück‘“, erinnert sich Häring. Sie wurden ins Haus gebeten zu einem ersten Gespräch am Küchentisch. Der Beginn einer Freundschaft und einer deutsch-jüdischen Aussöhnung.

Für seine Verdienste um die deutsch-israelische Freundschaft wurde Erich Häring zur 25 Jahresfeier des Bestehens des Staates Israel 1973 in die Knesseth nach Jerusalem eingeladen.

Gespräch im Wohnzimmer der Familie Häring (von links): Raya Hoffmann, Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger, Stadtrat a.D. Erich Häring, seine Tochter Helga Stetter und Esti Geva. (Fotos: Alexandra Wehr/ Pressestelle der Stadt)
Seit vielen Jahren befreundet (von links): Raya Hoffmann, Erich Häring und Esti Geva.