Acht Frauen sitzen um den Wohnzimmertisch ihrer Gastgeberin. Sie unterhalten sich über ihre Kinder, erzählen von Begebenheiten rund um Prinzessin Lillifee, Diddl, Fastfood, Alkohol und Markenkleidung. Im Mittelpunkt der von Christa Hering moderierten Gesprächsrunde steht an diesem Vormittag das Thema Konsum. Elterntalk ist ein bayernweites Projekt der Aktion Jugendschutz.
Bunte Karten liegen auf dem Tisch. Sie zeigen Lippenstift und Lidschatten, Markenkleidung, Barbiepuppen, Diddl-Mäuse, Gameboys, Hamburger und Pommes. Christa Hering, Erzieherin und zweifache Mutter, bittet die anderen Mütter am Tisch: „Sucht euch eine Karte aus und erzählt uns, warum ihr euch ausgerechnet für die entschieden habt.“ Die Moderatorin des Elterntalks hat die Erfahrung gemacht, dass solche Themenkarten den Einstieg ins Gespräch erleichtern.
Und tatsächlich. Die Frauen überlegen nicht lange und greifen zur Fastfood-Karte, zur Schmink-Karte, zur Taschengeld-Karte. Auch das Thema Markenkleidung beschäftigt die Mütter. In entspannter Atmosphäre bei einer Tasse Kaffee und Hefegebäck kommen sie schnell ins Gespräch. „Wir leben in einer Konsumgesellschaft und eigentlich können wir uns dem nicht entziehen“, sagt Christa. „Die Kinder sind heute so starkem Druck ausgesetzt, nicht nur in der Schule, sondern auch im Freundeskreis“, sind sich alle einig. Deshalb sparen die Eltern für Markenkleidung, die es dann zu besonderen Gelegenheiten wie zum Beispiel am Geburtstag gibt. „Damit die Kinder keine Außenseiter sind.“ Eine Mutter hat gute Erfahrungen damit gemacht, die Kosten für teure Markenmode zu teilen: „Unser Sohn zahlt von seinem Taschengeld die Hälfte.“ Wenn er dafür monatelang sparen müsse, bekomme er ein gutes Verhältnis zum Wert des Geldes. Eine Idee, die andere Mütter der Runde gerne aufnehmen und auch mal ausprobieren wollen.
Und so geht es hin und her, die Mütter tauschen ihre Erfahrungen aus über Kinder, die Fastfood nicht widerstehen können, obwohl zu Hause ein gesundes Essen auf dem Mittagstisch steht, über Mädchen, die Prinzessin Lillifee lieben und Jungs, die nicht vom Gameboy lassen können. Die Herkunft der Frauen ist unterschiedlich – sie stammen aus Deutschland, China, Vietnam, Russland und aus der Türkei. In Erziehungsfragen finden sie schnell einen gemeinsamen Nenner. „Es funktioniert nicht, wenn man daheim das Gegenteil macht von dem, was man predigt“, stellt Christa fest. Wie solle man zum Beispiel den Kindern verbieten, vor dem Fernseher zu essen, wenn man das hin und wieder selbst gerne mache? Und lässt sich Alkoholkonsum untersagen, wenn man zu festlichen Anlässen selbst gerne mal ein Glas Wein trinkt? Der Tenor der Runde: Verbieten sei immer schwierig. „Denn oft liegt ja gerade im Verbotenen der Reiz, die eigenen Grenzen auszutesten.“
Wichtig sei deshalb vor allem, die Kinder und Jugendlichen in ihrer Persönlichkeit zu stärken. „Selbstbewusste Mädchen und Jungen können dem Druck der Gruppe eher widerstehen“, so die Erfahrung der Eltern.
Als sie das Problem Internetnutzung durch die Kinder streifen, bietet die Moderatorin an, für dieses Thema einen neuen Termin zu vereinbaren. „Dann kann ich euch auch Broschüren mit hilfreichen Internetadressen mitbringen“, kündigt Christa Hering an. Und vielleicht ist dann ja auch mal ein Vater dabei – Interesse habe der eine oder andere schon bekundet. Herzlich verabschieden die Frauen sich bis zum nächsten Mal. „Es ist einfach schön zu merken, dass man mit seinen Fragen nicht allein ist, sondern dass es anderen auch so geht“, sagt Brigitte und alle nicken zustimmend. Darin sieht auch Sabine Roß, Regionalbeauftragte für Elterntalk in Memmingen, die Chance dieses Konzepts. „Es gibt keinen Vortrag, keine schlauen Ratschläge, kein richtig oder falsch“, sagt sie. „Die Eltern sind selbst die Experten.“ Es gehe darum, gemeinsam über Erziehungsfragen nachzudenken, Erfahrungen und Wissen auszutauschen, die Eltern zum Ausprobieren neuer Wege zu ermutigen, und sie so für den Erziehungsalltag zu stärken.
ELTERNTALK:
- Elterntalk gibt es in ganz Bayern. Das Projekt der Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Bayern e.V. im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms Soziale Stadt in Memmingen richtet sich an Eltern von Kindern bis 14 Jahre.
- Die Gesprächsrunden zu Erziehungsthemen rund um Medien, Konsum und Suchtvorbeugung dauern in der Regel zwei Stunden und werden von geschulten Moderatorinnen begleitet.
- Elterntalk wird auch in russischer und türkischer Sprache angeboten. Die Teilnahme ist kostenlos, die Gespräche sind vertraulich.
- Der Elterntalk kann bei Gastgebern zu Hause oder im Stadtteilbüro des Memminger Westens stattfinden. Gastgeber bekommen einen Gutschein im Wert von 15 Euro als Dankeschön.
- Weitere Auskünfte erteilt Sabine Roß, Regionalbeauftragte für Elterntalk in Memmingen, unter Telefon (08331) 69459 oder per Mail: elterntalk-mm(at)web.de.