Dass er in seinem Leben nochmals im Sitzungssaal des Rathauses sprechen würde, damit hat der ehemalige Oberbürgermeister Dr. Johannes Bauer nicht gerechnet. Schließlich habe er im letzten Jahrhundert hier ein Amt inne gehabt, betonte er bei einem Empfang, den die Stadt und sein Amtsnachfolger Dr. Ivo Holzinger anlässlich seines 75. Geburtstages ausrichtete. Die Bürgermeister und Vertreter der Stadtratsfraktionen hatten sich ebenso der ehemalige Stadtkämmerer Rudolf Jurczok im Sitzungssaal des Rathauses eingefunden, um einem Mann zu gratulieren, der, wie es der Oberbürgermeister ausdrückte, „wichtige Weichenstellungen“ vorgenommen hatte. Bauer, der von seiner Ehefrau Julia Barbara begleitet wurde, war zwei Amtsperioden von 1968 bis 1980 Oberbürgermeister in Memmingen.
Markante Entscheidungen fielen in die Amtszeit Dr. Bauers. Hier zählte Dr. Holzinger die Kreisreform wie auch die Landesplanung auf. „Sie sind mit vielen anderen Städten im Verbund erfolgreich gewesen und haben die Kreisfreiheit Memmingens erhalten“, so Dr. Holzinger. Dabei sei die Stadt schon dem Altlandkreis Memmingen versprochen gewesen, erinnerte sich der Jubilar. Ebenso richtig sei die Weichenstellung zur Zugehörigkeit zur Region Donau-Iller gewesen, lobte das heutige Stadtoberhaupt. „Der Kampf mit Kempten war dramatisch“, schilderte Dr. Bauer die Rivalität mit der südlichen Nachbarstadt, die nicht nur bei der Trassenführung der heutigen Autobahn A 96 zum Ausdruck kam. Ein schneller Baubeginn einiger Teilstücke und Abmachungen mit Baden-Württemberg bezüglich der Trassenführung hätten hier der Stadt Vorteile gebracht.
„Wir hatten über Generationen hinweg das Ziel, die Stadt voranzubringen. Das war das Geheimnis der erfolgreichen 12 Jahre“, erinnerte sich der Oberbürgermeister außer Diensten. Dabei zählte er zahlreiche Wegbegleiter aller Jahrgänge und Parteien auf. Doch verhehlte er nicht, dass manchen dieser Gemeinsinn zuwider gewesen sei. Zu den großen Projekten Dr. Bauers Amtszeit zählt das Gruppenklärwerk sowie die Stadthalle und das Bürgerstift. Bei letzteren Projekten habe die Dr. Bauer die neueingeführte Städtebauförderung geschickt zu nutzen gewusst, würdigte Dr. Holzinger. 1980 kandidierte Dr. Bauer nicht mehr für das Amt des Oberbürgermeisters. Berufliche Stationen bei der Bayerischen Landesbank, für die er die Repräsentanzen in Bonn und Brüssel aufbaute, der GWB AG sowie in der Schörghuber-Unternehmensgruppe folgten. Dr. Bauer lebt heute am Starnberger See. Die Memminger hätten traditionell Oberbürgermeister von außen geholt, weil man die nicht schonen müsse, blickte Dr. Bauer zurück. Das trifft auch auf den gebürtigen Augsburger zu. Aus dem Unterland kommend, sei er mit 28 Jahren als Bürgermeister in das Oberland nach Lindenberg im Allgäu und schließlich mit 31 Jahren „abgehärtet“ nach Memmingen gekommen.