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„Stark durch Krisen“

Erstellt von Pressestelle |

Podiumsdiskussion über Resilienz im Antonierhaus Memmingen

Wie gelingt es Menschen, Organisationen und Gesellschaften, Krisen zu überstehen, ohne daran zu zerbrechen? Dieser Frage widmete sich eine anregende Podiumsdiskussion zum Thema „Resilienz“, zu der der Kreisverband Memmingen der Europa-Union in den Saal des Antonierhauses eingeladen hatte. Krisen gehören heute zum Alltag - von Naturkatastrophen über geopolitische Konflikte bis hin zu Cyberangriffen. Doch wie können Kommunen, Staat und Gesellschaft widerstandsfähiger werden? Welche Rolle spielen Politik, Wissenschaft, Zivilschutz und jeder Einzelne?
Darüber und über viele weitere Fragen diskutierten auf dem Podium Oberbürgermeister Jan Rothenbacher (Stadt Memmingen), Birgit Böser (Mitglied im Speakers Pool Team EUROPE DIRECT der Europäischen Kommission), Klaus Liepert (Ortsbeauftragter des THW Memmingen), Heiko Schnitzler (OTL d. Res. und Kompaniechef Heimatschutzkompanie 9.|1) und Maximilian Schwarz (Europa-Union Memmingen). Moderiert wurde die Veranstaltung, die rund 70 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer anzog, von Burkhard Arnold, dem Kreisvorsitzenden der Europa-Union.
Eröffnete wurde der Abend von Natalie Riedmiller, stellvertretende Kreisvorsitzende der Europa-Union, die die Diskutanten vorstellte und die Gäste begrüßte. Sie gab den Hinweis, dass Resilienz „zu einem Schlüsselbegriff unserer Zeit“ geworden sei. „Wir leben in einer Epoche ständiger Veränderungen und vielfältiger Krisen– politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Die Frage ist: Wie bleiben wir handlungsfähig, wenn Gewissheiten wegbrechen?“, fragte Riedmiller zum Einstieg in die Diskussion.
Burkhard Arnold griff den Gedanken auf und stellte fest, dass Resilienz in unserer Gesellschaft eine „eher untergeordnete Rolle“ spiele. Birgit Boeser stimmte dem zu, allerdings sei das wohl ein deutsches Phänomen; denn andere Länder, vor allem die baltischen und nordeuropäischen Staaten gingen damit ganz anders um. Dort würde mit Krieg und Katastrophen viel offensiver umgegangen. Klaus Liepert führte aus, dass sich das Bewusstsein des THW seit seiner Gründung geändert habe. Lag der Schwerpunkt bei der Gründung noch unter dem Eindruck des 2. Weltkriegs zunächst stärker auf dem Zivilschutz, also der Landesverteidigung, so stehe heute der Katastrophenschutz klar im Vordergrund. OB Rothenbacher sah die Stadt Memmingen im Bereich Katastrophenschutz gut gerüstet. Er sah allerdings die dringende Notwendigkeit das Bewusstsein in der Bevölkerung zu stärken, dass jeder Einzelne in der Verantwortung stehe, für sich und seine Nächsten Vorsorge für eine Krisensituation zu treffen. OTL Heiko Schnitzler teilte diese Auffassung. In der sicherheitspolitischen Neuausrichtung sei klar: Deutschland und seine Bevölkerung müssen wehrhafter und resilienter werden, um gegen Bedrohungen und Aggressoren gewappnet zu sein. Diese Herausforderungen können nicht rein militärisch, sie müssen gesamtstaatlich und gesamtgesellschaftlich gemeistert werden. „Mit diesem Ziel entwickeln Experten aus allen Bereichen der Bundeswehr in einer gemeinsamen Planungsgruppe aus Bund, Ländern und Kommunen, den Blaulichtorganisationen und der Wirtschaft, den militärischen Anteil einer gesamtstaatlichen Verteidigungsplanung, den Operationsplan Deutschland“, so Schnitzler. Maximilian Schwarz, der jüngste Diskutant in der Runde, merkte selbstkritisch an, dass bei der Jugend angesichts der Berichterstattungen in den Medien über Kriege und Krisen zwar das Bewusstsein stärker geworden, allerdings Resilienz noch nicht wirklich eingekehrt sei. Hierzu bedarf es ein Vorleben der älteren Generation, das er noch nicht erkenne.
Bei der Frage der zielgerichteten Kommunikation in Katastrophen- und Krisenfällen herrschte weitgehend Einigkeit. Hier trage jeder selbst Verantwortung sich zu informieren und Vorsorge zu treffen. Birgit Boeser verwies dazu auf die Broschüre „Vorsorgen für Krisen und Katastrophen“ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und bemängelte, dass man diese Broschüre umständlich bestellen oder aus dem Internet herunterladen müsse. „Warum wird die nicht einfach flächendeckend verteilt?“, stellte Boeser fragend fest. Klaus Liepert ergänzte, dass aus seiner Wahrnehmung das Bewusstsein der Menschen, selbst Vorsorge treffen zu müssen, in den letzten Jahren gewachsen sei. Man erkenne inzwischen, dass der Staat nicht alles richten könne und man selbst etwas dafür tun müsse.
Spannend war dann der zweite Teil der Podiumsdiskussion, in der es um die Frage ging, wie unser Land verteidigungsfähig werden kann. Max Schwarz unterstrich, dass Deutschland wieder eine stärkere Armee brauche. Mit Blick auf die gegenwärtige Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht stellte er allerdings die Frage in den Raum, ob der nötige Aufwuchs der Bundeswehr zu Lasten der Jugend gehen darf. OB Rothenbacher ergänzte mit der provokanten Anmerkung, warum Wehrpflicht nur für 18-jährige gelten soll und nicht auch die ältere Generation herangezogen werde.  Liepert setzte bei der Frage der Wehrpflicht auf Freiwilligkeit und verglich das mit dem Dienst beim THW. In der Vergangenheit gab es die Möglichkeit anstelle des Dienstes an der Waffe sich beim THW für sieben Jahre zu verpflichten. Die Erfahrung habe aber gezeigt, dass die meisten dieser „Verpflichteten“ unmittelbar nach Ende der sieben Jahre den Dienst beim THW beendet haben. Birgit Boeser verwies auf andere Länder. So habe eine jüngst in Finnland durchgeführte Befragung ergeben, dass die Zahl der Finnen, die im Falle eines Angriffs bereit sind, zur Verteidigung ihres Landes zu kämpfen, seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine deutlich gestiegen sei. Demnach würden nahezu 85% der Befragten im Kriegsfall zur Waffe greifen.
In den Abschlussstatements betonten die Diskustanten, dass es entscheidend sei, vorbereitet zu sein. Es brauche mehr Eigenverantwortung und weniger Anspruch an den Staat. Zum Abschluss dankte Arnold den Teilnehmenden für die offenen Worte und das konstruktive Gespräch. „Wir haben gesehen, dass Resilienz kein Zustand ist, sondern ein Prozess. Und dieser Prozess beginnt immer mit dem Dialog“, schloss Arnold den interessanten Abend.

Die Protagonisten des Abends: (von links) Heiko Schnitzler (OTL d. Res. und Kompaniechef Heimatschutzkompanie 9.|1), Alexandra Hartge (Leiterin Europabüro), Klaus Liepert (Ortsbeauftragter des THW Memmingen), Oberbürgermeister Jan Rothenbacher (Stadt Memmingen), Birgit Böser (Mitglied im Speakers Pool Team EUROPE DIRECT der Europäischen Kommission), Maximilian Schwarz (Europa-Union Memmingen), Moderator Burkhard Arnold und Natalie Riedmiller (stv. Vorsitzende der Europaunion Memmingen). (Foto: Monika Sickinger)

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