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Über die Hüter der Grundstücksgrenzen

Erstellt von Pressestelle |

Feldgeschworene füllen altes Ehrenamt aus – Bindeglied zwischen Bürgerschaft und Verwaltung

Christof Kastl ist mit wachen Augen in den Fluren, Waldgebieten und Straßen der Stadt unterwegs. Seine Aufmerksamkeit gilt kleinen Markierungen und unauffälligen Steinen am Wegesrand. Was andere kaum wahrnehmen, dafür hat Christof Kastl einen erfahrenen Blick. Seit über acht Jahren ist er vereidigter Feldgeschworener der Stadt Memmingen und wacht über Grundstücksgrenzen. Er ist einer von derzeit vier Feldgeschworenen im Stadtgebiet, Nachwuchs wird für dieses Ehrenamt dringend gesucht.

„Wir arbeiten eng mit dem städtischen Vermessungsamt und der staatlichen Vermessungsverwaltung zusammen“, erklärt Kastl. Ein- bis zweimal im Monat erhält er einen Anruf vom Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung: Ein Grundstück muss neu vermessen werden. In der Regel geschieht das auf Antrag des Eigentümers, erklärt Kastl. Weil das Grundstück geteilt werden soll oder eine Grenzermittlung erfolgen soll, da der Eigentümer Klarheit über den tatsächlichen Grenzverlauf vor Ort haben möchte. „Der Feldgeschworene hilft den Vermessungsingenieuren bei der Suche nach den jeweiligen Grenzzeichen“, erläutert Kastl. Das kann ein Granitstein sein, ein alter Kalkstein, Messpunkte aus Metall oder einfache Meißelzeichen, die Auskunft geben über den Grenzverlauf.

Heutzutage überprüfen und bearbeiten Vermessungsingenieure die Grundstücksgrenzen elektronisch, auch mit Hilfe von GPS. Der Feldgeschworene ist mit dabei und hat ein Auge darauf, dass auch die sichtbaren Grenzmarkierungen koordinatengetreu gesetzt werden. Christof Kastl bringt dafür die besten Voraussetzungen mit. Der 70-Jährige ist selbst Vermessungsingenieur im Ruhestand und war früher im Vermessungsamt der Stadt Memmingen tätig. „Man braucht neben dem Interesse an der Thematik auch Freude an der Tätigkeit draußen, denn wir sind bei jedem Wetter unterwegs“, spricht Kastl über die Voraussetzungen für das Ehrenamt. Und immer wieder mal muss auch ein Erdloch gegraben werden, um Grenzsteine im Boden zu versenken. Im Kofferraum hat Kastl Werkzeug und Grenzzeichen mit dabei. „Es ist eine wirklich interessante Tätigkeit“, betont Kastl. „Man lernt das Gelände sehr gut kennen, und es ist auch kommunikativ. Oft kommt man mit Nachbarn der Grundstücke ins Gespräch. Da muss man manchmal auch beruhigend wirken, wenn sich der Nachbar sorgt, was jetzt mit dem Grundstück geplant ist“, erzählt Kastl, der auch Vorsitzender des Bürgerausschusses Amendingen ist. Eigentlich ist er vor allem für seinen Stadtteil zuständig, ist aber im gesamten Stadtgebiet unterwegs. „Je mehr Feldgeschworene es gibt, desto mehr Schultern tragen die Aufgaben.“

Die Aufgaben der Feldgeschworenen, der Hüter der Grenzen,   sind seit Jahrhunderten dieselben. Die Wurzeln für dieses alte Ehrenamt reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. 2016 wurde es ins bundesweite Verzeichnis immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Früher wurde der rechtmäßige Standort eines Grenzsteins von den Feldgeschworenen mit Hilfe geheimer Zeichen markiert, die deutlich tiefer unter den Grenzsteinen in die Erde eingebracht waren. „Ich habe so ein Siebenerzeichen, wie es früher hieß, auch einmal entdeckt. Etwa 20 Zentimeter unter dem Grenzstein waren Tonsiegel eingebracht, die auf die richtige Stelle wiesen“, erzählt Christof Kastl.

Durch moderne Vermessungsmethoden werden geheime Zeichen zur Sicherung des richtigen Standorts für ein Grenzzeichen heute nicht mehr gebraucht. Das Ehrenamt aber bleibt, Feldgeschworene sind bis heute wichtig, als Bindeglied zwischen der Bürgerschaft und der Verwaltung. Und als Hüter der Grundstücksgrenzen - sind die Grenzzeichen gesetzt, bestätigt der vereidigte Feldgeschworene die Richtigkeit der Abmarkung im Vermessungsprotokoll mit seiner Unterschrift.

Nachwuchs wird für dieses Ehrenamt immer gesucht. Interessentinnen und Interessenten können sich gerne an die Stadtverwaltung wenden unter vermessung(at)memmingen.de. Voraussetzungen sind relative körperliche Fitness, Mobilität mit einem eigenem KFZ, zeitliche Flexibilität und vor allem das Interesse an diesem interessanten Ehrenamt auf den Fluren der Stadt Memmingen.

 

Christof Kastl mit einem modernen Grenzstein aus Metall mit Kunstharzdeckel. (Fotos: Alexandra Wehr/ Pressestelle Stadt Memmingen)
Am Waldrand sind oft noch alte Grenzzeichen zu entdecken, wie in Steinheim dieser große Kalkstein.
In Bordsteine eingelassen finden sich kleine Messpunkte aus Metall, die den Grenzverlauf kennzeichnen.