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Mahnmale für ein „Nie wieder“

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Sechs Stolpersteine in Maximilianstraße 5 und Habsburgerstraße 3 verlegt – Gedenken an Familien Eisfeld und Günzburger

Seit 2014 werden in Memmingen „Stolpersteine“ zum Gedenken an die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordeten oder verfolgten Mitbürgerinnen und Mitbürger verlegt. Inzwischen erinnern 115 „Stolpersteine“ in Memminger Straßen an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Sechs weitere goldfarbene Steine wurden nun vor dem Haus Maximilianstraße 5 für Moses Eisfeld, Laura Eisfeld und Elisa Klara Halle sowie in der Habsburgerstraße 3 für Hugo Günzburger, Elsa Günzburger und Horst Günzburger verlegt. „Die Stolpersteine sollen uns eine Mahnung sein, dass solches Unrecht nie wieder geschehen darf“, betonte Oberbürgermeister Manfred Schilder, Schirmherr der Stolpersteinverlegungen in Memmingen. 

Oberbürgermeister Schilder dankte dem Verein Stolpersteine in Memmingen e.V. mit Vorsitzendem Rolf Spitz sowie den Schülerinnen und Schülern der Staatlichen Realschule, die eine Patenschaft für die Pflege der Stolpersteine übernommen haben und die Gedenkfeier mitgestalteten. Ein Geigenensemble der Schule bot einen würdigen musikalischen Rahmen. Vorsitzender Rolf Spitz verlas die Inschrift der einzelnen Steine, bevor Mitarbeiter des städtischen Bauhofs die Steine mit Bedacht in den Boden einbrachten. Schülersprecher Joseph Kassis sowie die Zehntklässlerin Viktoria-Alexandra Schenk verlasen die Geschichte der Menschen, an die die Stolpersteine heute erinnern. Ergänzt wurde dieses Gedächtnis mit Forschungen von Heimatpflegerin Sabine Streck, die auch Erinnerungen von Zeitzeugen einbrachte. 

Inschriften der Stolpersteine Maximilianstraße 5:
Moses Eisfeld, Jahrgang 1875, gedemütigt /entrechtet, Tod 21.2.1938
Laura Eisfeld, geb. Kohn, Jahrgang 1878, deportiert 1944, Theresienstadt, befreit
Elise Klara Eisfeld, verh. Halle, Jahrgang 1910, deportiert 1944, ermordet in Auschwitz

Moses Eisfeld übernahm im September 1910 das Schuhgeschäft seines Schwiegervaters Karl Kohn hier in der Maximilianstraße 5. Er war damals 35 Jahre alt. Seine Frau Laura war drei Jahre jünger und Mutter von zwei Töchtern, der 6jährigen Nelli und der gerade 2 Monate alten Elise Klara. Die junge Familie war aus dem fränkischen Kulmbach in Lauras Heimatstadt Memmingen gezogen. 
Moses Eisfeld starb im Februar 1938 mit 63 Jahren und wurde als einer der letzten Juden der Memminger Kultusgemeinde auf dem jüdischen Friedhof in Memmingen beigesetzt. 
Die ältere Tochter Nelli heiratete den Berliner Markus Bendorf und zog nach Berlin. Sie emigrierte im Jahr 1939 in die USA, wo ihre Nachfahren noch heute leben.
Ehefrau Laura und die jüngere Tochter Elise Klara zogen einige Monate nach dem Tod von Moses Eisfeld ebenfalls nach Berlin. Dort arbeitete Elise Klara als Kontoristin und heiratete. 
Beide Frauen wurden 1944 in Konzentrationslager deportiert. Die Mutter Laura überlebte Theresienstadt, während ihre Tochter Elise Klara in Auschwitz ermordet wurde. 

Inschriften der Stolpersteine Habsburgerstraße 3:
Hugo Günzburger, Jahrgang 1890, „Schutzhaft“ 1938 Dachau, deportiert 1944, Theresienstadt, befreit
Else Günzburger, geb. Schreck, Jahrgang 1903, gedemütigt / entrechtet, mit Hilfe überlebt
Horst Günzburger, Jahrgang 1931, „300-Kinder-Aktion“ 1938, Schweiz

Hugo Günzburger lebte von 1890 bis 1977 in seiner Heimatstadt Memmingen. Er war erfolgreicher Strickwarenfabrikant. Im Alter von 38 Jahren heiratete er im Jahr 1928 Else Schreck aus Mindelheim. Else war Nicht-Jüdin. Das Ehepaar war in der Habsburger Straße 3 zu Hause. Im Jahr 1931 wurde ihr einziges Kind, Sohn Horst, geboren. 
Während der Memminger Reichspogromnacht, in der Nacht vom 10. auf 11. November 1938, wurde die Wohnung der Familie Günzburger zerstört. 
Daraufhin brachten die Eltern ihr Kind in der Schweiz bei einem Pfarrersehepaar in Sicherheit. Horst konnte erst nach dem 2. Weltkrieg zurück zu seiner Familie. Im Jahr 1959 starb er im Alter von nur 28 Jahren bei einem tragischen Flugzeugabsturz am Flughafen von Schloss Zeil. 
Hugo Günzburger starb im Jahr 1977 im Alter von 87 Jahren. Er ist der einzige Memminger Jude, der auf dem Waldfriedhof und nicht auf dem Judenfriedhof beigesetzt ist. Else Günzburger wurde 90 Jahre alt und verstarb im Jahr 1993. 

Die Stolpersteine werden von Alexander Ullmann (Mitte) und Michael Keller (r.) vom städtischen Bauhof in den Boden eingebracht. Schirmherr Oberbürgermeister Manfred Schilder, Rolf Spitz (stehend rechts), Vorsitzender des Vereins Stolpersteine in Memmingen, Bürgermeister Dr. Hans-Martin Steiger (stehend, Mitte) und zahlreiche Gäste folgen der Verlegung im Gedenken an die Opfer. (Fotos: A. Wehr/ Pressestelle Stadt Memmingen)
Drei Steine mit folgenden Inschriften: Hugo Günzburger, Jahrgang 1890, „Schutzhaft“ 1938 Dachau, deportiert 1944, Theresienstadt, befreit Else Günzburger, geb. Schreck, Jahrgang 1903, gedemütigt / entrechtet, mit Hilfe überlebt Horst Günzburger, Jahrgang 1931, „300-Kinder-Aktion“ 1938, Schweiz
Drei Stolpersteine vor dem Haus Habsburgerstraße 3 erinnern an Familie Günzburger, die dort zu Hause waren. Ihre Wohnung wurde in der Reichspogromnacht im November 1938 zerstört. 
Zehntklässlerin Viktoria-Alexandra Schenk von der Staatlichen Realschule verliest die Geschichte der Familie Eisfeld vor dem Haus Maximilianstraße 5.
Drei Steine mit folgenden Inschriften: Moses Eisfeld, Jahrgang 1875, gedemütigt /entrechtet, Tod 21.2.1938 Laura Eisfeld, geb. Kohn, Jahrgang 1878, deportiert 1944, Theresienstadt, befreit Elise Klara Eisfeld, verh. Halle, Jahrgang 1910, deportiert 1944, ermordet in Auschwitz
Drei Stolpersteine in der Maximilianstraße 5 erinnern an Familie Eisfeld, die dort über Jahrzehnte ein Schuhgeschäft geführt hatten.