Stadt Memmingen:SingleNews (Archiv)

AAA
Zum Hauptinhalt

Kontakt Pressestelle

Stadt Memmingen
Pressestelle
Marktplatz 1
87700 Memmingen

Tel.: 08331/850-167
pressestelle(at)memmingen.de

Rathausinformation (Archiv)

Zur Übersicht Archiv

„Frieden kommt nicht von selbst, sondern muss hart erarbeitet werden“

Erstellt von Pressestelle |

April 1945 - Gedenkstunde zum Kriegsende in Memmingen

Mit einer gemeinsamen Veranstaltung gedachten die Stadt Memmingen und die Kirchengemeinde „Unser Frauen“ am 20. April 2010 den Ereignissen vor 65 Jahren. Die als Weg durch die seinerzeit vom Krieg geschädigte Stadt Memmingen konzipierte Gedenkveranstaltung begann mit einer würdigen Andacht in der Kirche „Unser Frauen“. An fünf herausgehobenen Zerstörungsorten in der Altstadt wurden Informationen zu den letzten Kriegstagen in Memmingen präsentiert. Im Rathaus, der letzten Station des Weges, fand die Gedenkstunde zur friedlichen Übergabe der Stadt an die Amerikaner statt.

„Wir sind heute hier, um dem Wahnsinn zu gedenken, der damals möglicherweise als normal empfunden wurde“, so Pfarrer Stephan Ranke bei seiner Ansprache zum Auftakt der Gedenkfeierlichkeiten in der Kirche „Unser Frauen“. Ranke zählte die Ereignisse auf, die jeweils an einem 20. April stattfanden und eine Steigerung der Macht der Nationalsozialisten in Deutschland bis hin zum Krieg darstellten.

Dramatische Tage erlebte die Stadt Memmingen zum Kriegsende vor 65 Jahren. Am späten Vormittag des 20. April 1945 bombardierten amerikanische Fliegerstaffeln die Stadt Memmingen. Große Teile der südlichen Altstadt, darunter auch die spätgotische Frauenkirche, wurden stark beschädigt oder zerstört. 300 Bürgerinnen und Bürger starben. 635 Gebäude gingen verloren.

„War es Ironie, dass es an Führers Geburtstag geschah“, fragte Ranke. Der Pfarrer der Kirche „Unser Frauen“ zielte nicht nur auf die Zerstörung und die Trauer dieser Zeit ab, sondern betonte auch die „zwei Wunder“, die man in der Nachkriegszeit erlebte: Der rasche Wiederaufbau Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg und die Wiedervereinigung 1989. „Frieden kommt nicht von selbst, sondern muss hart erarbeitet werden. Dies ist unsere tägliche Aufgabe“, betonte Pfarrer Ranke.

Alle Schrecken des Krieges zeigte der von Gerta Köhle verlesene Bericht der anwesenden Zeitzeugin Eleonore Oppitz auf. Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkandacht durch den Chor um Kirchenmusikdirektor Hans-Eberhard Roß.

Der Gang von der Kirche „Unser Frauen“ zum Rathaus führte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu fünf Orten in der Altstadt. Mit historischem Bild- und Quellenmaterial aus den Beständen des Stadtarchivs wurde deutlich aufgezeigt, wie stark alle Lebensbereiche der Memminger Bürgerschaft bis unmittelbar vor dem Ende der Kampfhandlungen vom nationalsozialistischen Herrschaftsapparat und seiner Kriegspropaganda durchdrungen waren.

Auf einer der Stelen ist beispielsweise ein Brief von besorgten Einwohnern abgedruckt, die den damaligen Oberbürgermeister Dr. Heinrich Berndl beschwören, „alles zu tun, um dieses unsagbare Unglück von unserer Stadt abzuwenden“.

„Durch diesen Weg wird das Gedenken der Opfer des Bombenangriffs, aber auch der Opfern des Nationalsozialismus in besonderem Maße zum Ausdruck gebracht“, brachte es Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger zu Beginn der abschließenden Gedenkstunde im Rathaus auf den Punkt. Sechs Tage nach dem verheerenden Bombenangriff auf Memmingen fand die friedliche Übergabe der Stadt an die Amerikaner statt. Das Stadtoberhaupt erinnerte in seiner Rede an die letzten Kriegsstunden in Memmingen. Großkaufmann Schwarz, Kreisfeuerwehrführer Niggl und Oberbürgermeister Dr. Berndl mussten seinerzeit an der Spitze der in die Stadt einrückenden amerikanischen Panzer gehen. „Die Übergabe an die Amerikaner ist friedlich verlaufen. Das war keine Selbstverständlichkeit“, so Dr. Holzinger.

Heimpfleger Uli Braun verlas drei Episoden von Lotte Pfister die unter dem Titel „Die Amerikaner sind in Memmingen“ in den Memminger Geschichtsblättern erschienen sind. Von plötzlich einfahrenden Panzerspähwagen, von okkupierten Räumen aber auch von Geschenken der Soldaten war zu hören. Braun selbst hatte damals als „junger Bub“ Bekanntschaft mit einem „baumhohen Farbigen“ den er mit aufgerissenen Augen anschaute und dann Kaugummi geschenkt bekam.

Rund 550 Memminger Bürgerinnen und Bürger nahmen an der Gedenkveranstaltung teil. Die Stelen mit Informationen über das Kriegsende in Memmingen an der Frauenkirche, auf Gerber- und Schmiedplatz, auf dem Hallhof und vor dem Rathaus sind noch bis einschließlich 26. April zu sehen.

 

 

Pfarrer Ranke von „Unser Frauen“
Pfarrer Stephan Ranke machte bei seiner Ansprache zum Auftakt der Gedenkfeierlichkeiten deutlich, dass der Frieden nicht von selbst kommt, sondern hart erarbeitet werden muss.
Die Kirche war voll besetzt
Voll besetzt war die Kirche „Unser Frauen“ in Memmingen. Die Kirche wurde bei den Luftangriffen vor 65 Jahren ebenfalls beschädigt.
Am Gedenkweg standen mehrere Informationsstelen
Unter den Gästen der Gedenkveranstaltung waren noch viele Bürgerinnen und Bürger, die die Bombenangriffe von 1945 miterlebten. An fünf Stelen in der Altstadt gab es Informationen zu den Zerstörungen und zu den letzten Kriegstagen.
In der Rathaushalle wurde der Übergabe an die Amerikaner gedacht
Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger schilderte die letzten Stunden bevor die Stadt friedlich an die Amerikaner übergeben wurde.
Heimatpfleger Uli Braun zitiert aus den Memminger Geschichtsblättern
Einem „baumhohen Farbigen“ stand der heutige Heimatpfleger Uli Braun im April 1945 gegenüber und bekam einen Kaugummi geschenkt. Braun zitierte drei Episoden von Lotte Pfister aus den Memminger Geschichtsblättern. Fotos: Pressestelle Stadt