„Freiheit und Gerechtigkeit auf dem Fundament des christlichen Glaubens – mit diesen schwerwiegenden Worten sind Werte umschrieben, die für Herbert Müller tragend sind und für die er mit aller Kraft eintritt“, charakterisierte Oberbürgermeister Manfred Schilder den neuen Memminger Ehrenbürger, dem er nun Corona bedingt etwas später als ursprünglich vorgesehen die Urkunde über das Ehrenbürgerrecht überreichte. Bei einer Feierstunde in der Stadthalle wurden 17 ausscheidende Stadtratsmitglieder der vergangenen Amtsperiode 2014-2020 geehrt und verabschiedet.
„Herbert Müller verfügt über eine beeindruckende Energie, wenn es darum geht, für Dinge einzutreten, hinter denen er voll und ganz steht“, betonte der Oberbürgermeister in seiner Laudatio. So habe er sich besonders um den Memminger Freiheitspreis verdient gemacht, führte Schilder aus. Die historische Forschung habe die Bedeutung Memmingens bei der Abfassung der Zwölf Bauernartikel zwar immer wieder hervorgehoben, doch trotzdem war die öffentliche Wahrnehmung in der Memminger Stadtgesellschaft lange Zeit in den Hintergrund gerückt. „Herbert Müller ist es zu verdanken, dass diesem herausragenden Ereignis der Stadtgeschichte die verdiente Aufmerksamkeit zu Teil wurde“, würdigte OB Schilder. Herbert Müller habe die die Idee des Memminger Freiheitspreises entwickelt und sich für seine Realisierung eingesetzt. Auf seine Initiative wurde 1999 das Kuratorium „Memminger Freiheitspreis 1525“ ins Leben gerufen, dessen Vorsitzender er ist. Für die Zukunft regte Herbert Müller an, in der Memminger Kramerzunft ein Forum für bürgerschaftlichen Dialog einzurichten.
Der Memminger Stadtrat hatte in seiner letzten Sitzung der vergangenen Amtsperiode den einstimmigen Beschluss gefasst, Herbert Müller die Ehrenbürgerwürde der Stadt Memmingen zu verleihen. Mit Staatsminister a.D. Josef Miller und Altoberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger hat Memmingen damit drei Ehrenbürger.
„Einer der Wege des Grundgesetzes beginnt in Memmingen“, erklärte Herbert Müller in seiner Dankansprache mit Blick auf die Abfassung der Zwölf Bauernartikel im Jahr 1525. Artikel 1 des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ sei ein Echo auf die Bauernartikel, in denen grundlegende Freiheits- und Menschenrechte gefordert werden. „Die Bauern bezahlten damals mit ihrem Leben. Wir haben es leichter. Wir leben in einer Demokratie. Aber ohne Einsatz für die Freiheit geht es nicht“, betonte Herbert Müller.
Freiheit heißt für Herbert Müller auf der Grundlage des christlichen Glaubens, frei zu sein, um sich für andere zu engagieren, und frei zu sein, um auch nach Fehlern weiterzumachen. „Es gibt einen Unterschied zwischen Freiheit und sich Freiheiten nehmen.“ In sehr persönlich gehaltenen Worten ließ Herbert Müller prägende Ereignisse seines Lebens Revue passieren. So hatte er 1970 in Addis Abeba (Äthiopien), wo er als Mitglied Zentralausschusses des Weltkirchenrats war, ein Kirchenlied gehört, das damals Hunderte von Kindern sangen und das von Freiheit handelt. Es wurde das Lied der Befreiungsbewegung von Nelson Mandela in Südafrika. Dieses Kirchenlied erklang denn auch in der Stadthalle.
Seit 1972 gehörte Herber Müller dem Stadtrat an. Einer der Höhepunkte seiner Arbeit im Stadtrat sei die Verabschiedung des Memminger Manifests gewesen, betonte der Ehrenbürger. „Ich habe die Gewissheit und das Vertrauen, dass dieses Wertegerüst Grundlage der Arbeit des Stadtrates bleiben wird.“
Rückblick auf die vergangene Amtsperiode 2014-2020
Gemeinsam mit Herbert Müller sind weitere 16 Stadträtinnen und Stadträte zum 30. April 2020 aus dem Gremium ausgeschieden. Oberbürgermeister Manfred Schilder dankte ihnen für ihr großes ehrenamtliches Engagement. „Sie sind den Bürgerinnen und Bürgern Rede und Antwort gestanden, haben deren Anliegen weitergegeben und weiterverfolgt. Sie haben sich informiert, diskutiert und zu begründeten Entscheidungen gefunden“, würdigte Schilder. Der Stadtrat tagte in den sechs Jahren 67 Mal im Plenum, dazu kamen 270 Ausschuss-Sitzungen. Die Rätinnen und Räte waren dabei mit 2459 Beratungsgegenständen beschäftigt.
„Sie haben mit drei Oberbürgermeistern zusammengearbeitet“, blickte Schilder zurück. Die erste Hälfte der Amtsperiode waren die letzten Jahre der 36-jährigen Amtszeit von Dr. Ivo Holzinger. Ihm folgte Oberbürgermeister Markus Kennerknecht nach, dem nur 38 Tage im Amt vergönnt waren bis zu seinem plötzlichen und tragischen Tod. „Er war Jahrgang 1970, heuer wäre er 50 Jahre alt geworden“, gedachte der Oberbürgermeister. Im März 2017 wurde dann Manfred Schilder zum Oberbürgermeister gewählt als dritter OB dieser Stadtratsperiode.
„Während der Amtsperiode 2014-2020 ist insgesamt eine positive Entwicklung im wirtschaftlichen wie finanziellen Bereich zu verzeichnen“, resümierte der Oberbürgermeister. „Wenn man alle Haushalte der sechs Jahre addiert, kommen stattliche Summen zustande.“ Die kumulierten Haushaltspläne der Stadt (ohne Stiftungen) von 2014 bis 2020 weisen ein Gesamtvolumen von 1,02 Mrd €, ein Investitionsvolumen von 200,2 Mio € und eine Zuführung zum Vermögenshaushalt in Höhe von 73,6 Mio € aus. Alle Hebesätze bei Gemeindesteuern konnten unverändert bleiben, informierte der Oberbürgermeister weiter. Die Verschuldung der Stadt Memmingen sei kontinuierlich gesunken von 31,6 Mio € zum 1.1.2014 auf 20,5 Mio Euro zum 1.1.2020, im Gegenzug sei die Allgemeine Rücklage im gleichen Zeitraum von 10,3 Mio. € auf 22,4 Mio. € angestiegen. Sehr positiv sei auch die finanzielle Entwicklung bei den Stadtwerken. Deutlich verschlechtert haben sich dagegen die Ergebnisse beim Klinikum, der Darlehensstand sei von 0,2 Mio. € zum 1.1.2014 auf 15,65 Mio. € zum 1.1.2020 angestiegen.
„Das Jahr 2020 wird eine Zäsur darstellen. Die Corona-Pandemie bestimmt nicht nur unseren Alltag seit Monaten. Wir werden die Auswirkungen über Jahre spüren“, erläuterte der OB. Die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie auf die Finanzen der Stadt ließen sich noch nicht konkret abschätzen. Aber es zeichne sich jetzt schon ab, dass die Einbußen mindestens vergleichbar sein werden mit denen der Finanzkrise von 2008. „Immerhin ist im Lockdown nicht die Wirtschaft in ihrer Gesamtheit heruntergefahren. Es gibt glücklicherweise auch Branchen, die boomen. Auch bleibt die Hoffnung, dass die Hilfszusagen von Bund und Land eingelöst werden“, betonte der Oberbürgermeister.
Ehrungen
Die ausscheidenden Stadträtinnen und Stadträte wurden von Oberbürgermeister Manfred Schilder mit verschiedenen Auszeichnungen geehrt:
Die Ehrenbürgerwürde wurde Herbert Müller verliehen. Er war seit 1972 Mitglied des Memminger Stadtrats.
Das Stadtsiegel erhielten Edmund Güttler, der seit 1990 im Stadtrat war, und Dritter Bürgermeister a.D. Helmut Börner, der seit 1997 dem Stadtrat angehörte.
Mit dem Kasimir wurden ausgezeichnet: Wolfgang Courage, Stefan Gutermann, Gerhard Neukamm und Karl Standhartinger, die seit 1996 dem Stadtrat angehörten.
Den Schicklerstich erhielten Corinna Steiger (in Abwesenheit) und Bernhard Thrul, die seit 2002 im Stadtrat waren, sowie Maria Schmölzing, die seit 2003 dem Stadtrat angehörte.
Mit dem Wechterstich wurden geehrt: Florian Buchberger, Dr. Susanne Hartge, Heribert Guschewski, Stefan Liepert, Thomas Mirtsch (in Abwesenheit) und Werner Walcher, die seit 2014 im Stadtrat waren, sowie Pedro Ferraz Mendes (in Abwesenheit), der seit 2017 dem Stadtrat angehörte.