Bei strömenden Regen wurde der neugestaltete Fischerbrunnen am Schrannenplatz offiziell in Betrieb genommen. Zu dem Festakt war der Enkel des Stifters, Ulrich Schwingenstein, nach Memmingen gekommen. Der Fischerbrunnen steht seit 1955 auf dem Schrannenplatz der Stadt und wurde im Rahmen der Neukonzeption des gesamten Areals im vergangenen Herbst in einer minimal geänderten Formgebung jetzt wieder in Betrieb genommen.
Angeführt von den Trommlerbuben zogen die Ehrengäste mit Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger, Ulrich Schwingenstein, dem Enkel des Stifters des Fischerbrunnens, und die Vorstandschaft des Memminger Fischertagsvereins vom Marktplatz zum Schrannenplatz. Begleitet wurde der kleine Festzug von der Fischergruppe mit Oberfischer Jürgen Kolb und der Memminger Stadtgarde.
Auf dem Schrannenplatz warteten bereits viele Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Sie alle wollten den Augenblick nicht verpassen, wenn aus dem Fischerbrunnen auf dem Schrannenplatz – wie es sich für einen Brunnen gehört – wieder Wasser sprudelt.
Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger, der zusammen mit Ulrich Schwingenstein, Oberfischer Jürgen Kolb und Heinz Janda von der Vorstandschaft des Fischertagsverein auf dem Brunnenrand stand, begrüßte alle Gäste, Freunde und Liebhaber des Memminger Fischertags. Memmingens Rathauschef dankte Schwingenstein für sein Engagement bei der Sanierung der Brunnenfigur und lobte alle Beteiligten, die bei der Gestaltung und dem Bau des neuen Brunnens mitgewirkt haben.
„Damals bei der Einweihung des Fischerbrunnen war das Wetter auch nasskalt“, blickte der stellvertretender Vorsitzende Janda auf das Ereignis im April 1956 zurück. Aber einem echten Fischertägler mache so ein Wetter nicht aus. Janda bedankte sich besonders bei der Familie Schwingenstein. „Der Brunnen ist das Wahrzeichen unseres geliebten Heimatfestes“, so Janda weiter. Heute wie damals verleihe der Fischerbrunnen dem Schrannenplatz „ein besonderes Gepräge“ und das Anziehen des Fischers am Vorabend des Fischertages sei mittlerweile fester Bestandteil und Tradition im Fischertag geworden. „Der Fischerbrunnen war, ist und bleibt das Symbol für den Memminger Fischertag“, brachte es Vorstand Janda auf den Punkt.
„Vor 130 Jahren wurde mein Großvater August Schwingenstein hier am Schrannenplatz im Weinhaus „Zum Goldenen Löwen“ geboren“, blickte sein Enkel, Ulrich Schwingenstein, zurück. Nach der Schul- und Militärzeit im Ersten Weltkrieg war August Schwingenstein Redaktions- und Verlagsleiter in Illertissen. Seine Proteste gegen den Nationalsozialismus hatten in den Dreißigerjahren ein Berufsverbot zur Folge, so Ulrich Schwingenstein bei einem Rückblick auf Stationen des Lebens des Stifters des Memminger Fischerbrunnens. „Am 6. Oktober 1945 gründete August Schwingenstein die Süddeutsche Zeitung. Er hatte nach dem Krieg maßgeblichen Anteil, dass Memmingen wieder kreismittelbare (kreisfreie) Stadt wurde und vertrat den Stimmkreis Memmingen im Bayerischen Landtag“, zeigte Schwingenstein die Verdienste seines Großvaters auf.
Oberfischer Jürgen Kolb dankte der Stadt, den verantwortlichen Firmen und der Familie Schwingenstein, dass wenige Tage vor dem Fischertag der Fischerbrunnen in Betrieb genommen wurde. „Endlich steht der Fischerbrunnen wieder da. Jetzt kann der Fischer wieder schauen, was alles „d’ Bach na gät“, so Kolb im breitesten schwäbischen Dialekt.
Zusammen mit Ulrich Schwingenstein öffnete Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger unter großem Applaus den Schieber für die Wasserzufuhr des Brunnens. Die Trommlerbuben unter der Leitung von Manfred Traut spielten zur musikalischen Umrahmung des Festaktes auf. Einen Ehrensalut schossen die Memminger Stadtgardisten zum Abschluss des Festaktes auf dem Schrannenplatz.
Historisches und Technisches
Altbrunnen:
Nach Abbruch der Schranne im April 1951 entstand eine weitläufige Platzfläche. Im Zusammenwirken von Stifter August Schwingenstein, Kunstmaler Fritz Hail und Bildhauer Max Pöppel entstand der Gedanke zur Errichtung eines Brunnens zur Zentrierung und Schmückung des „Schrannen-Park-Platzes“. Der Brunnen wurde 1955 fertig gestellt. Konzipiert wurde ein klassischer Zierbrunnen mit zwei übereinander gestellten Wasserschalen und einer Mittelsäule, die die Bronzefigur des Memminger Stadtbachfischers trägt. Der Brunnen wurde „in situ“ in Ortbeton gegossen, mit minimaler, nicht ausreichender Armierung.
Stand vor der Umgestaltung des Schrannenplatzes:
- nach fast 50 Jahren war der Beton vielfach gerissen und durch die Umwelteinflüsse in Teilen irreparabel zersetzt
- durch Korrosion der Leitungen und Ventile war die Wasser-Technik stark erneuerungsbedürftig
- die Brücke auf der der Brunnen stand musste aus technischen und statischen Gründen erneuert werden
- ein Versetzen des Brunnens war ausgeschlossen, da das statische Gefüge dafür nicht ausgelegt war
- die Fischerfigur musste einer Bronze-Sanierung unterzogen werden
- Abbruch am 27.07.2009, Fa. Kutter, Memmingen
Neubrunnen:
- minimal geänderte Formgebung und Oberflächentextur Proportionen, Materialien und Hauptmaße sind identisch mit dem Altbrunnen
- als demontierbares Fertigteil konzipiert
- Präsentation des Elements Wasser bis an die Oberkante der Brunnenschale
- Zugänglichkeit zum Brunnenwasser, mit den Händen tastbar
- Illumination des Wassers und des Brunnens im Zusammenspiel mit dem Lichtkonzept am Schrannenplatz
- Bronze-Sanierung der Brunnenfigur durch Enkel des Stifters Ulrich Schwingenstein
- Erneuerung der Inschrift durch Ulrich Schwingenstein
- geringfügig geänderte Platzierung auf dem Schrannenplatz, Positionierung in den neuen Sichtachsen, visueller Verteiler und Orientierungspunkt
Beteiligte:
- Neuentwurf und Umsetzung in Abstimmung mit Stifterfamilie Schwingenstein und stellvertretender Heimatpfleger Günther Bayer durch städtisches Bauamt
- Sanierung der Brunnenfigur und Erneuerung der Inschrift durch die Fa. Schütz, Steinmetz, Memmingen
- Herstellung des Brunnens durch die Fa. Mauthe, Aitrach
Wassertechnik Fa. Drexl, Memmingen - Elektrotechnik Fa. Minck, Memmingen