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Beteiligung des Freistaats an den Integrationskosten gefordert

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Bezirksversammlung Schwaben des Bayerischen Städtetags in Memmingen

Die Stadt Memmingen war Gastgeberin für die Bezirksversammlung Schwaben des Bayerischen Städtetags. Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger begrüßte die Bezirksvorsitzenden Oberbürgermeister Stefan Bosse (Kaufbeuren) und Oberbürgermeister Gerhard Jauernig (Günzburg), Bernd Buckenhofer, Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, und die weiteren Mitglieder der Bezirksversammlung Schwaben im Rathaus.

"Die Einigung von Bund und Ländern im Juli 2016 auf zusätzliche 7 Milliarden Euro für die Erstattung von Integrationskosten an die Länder war überfällig. Allerdings sind dabei nicht die Kommunen mit am Verhandlungstisch gesessen, die die Hauptlast der Integrationsarbeit in der Praxis schultern. Die kommunale Ebene fordert nun ihren Anteil an den Bundesmitteln vom Freistaat ein. Der Freistaat muss zeigen, wie er die Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen finanziell abbildet", sagte Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse in der Pressekonferenz.

Die bayerischen Kommunen würden den entscheidenden Beitrag leisten, um die gesamtgesellschaftliche und gesamtstaatliche Herausforderung der Zuwanderung und Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen zu meistern. "In der Praxis sorgen weniger Bund und Länder dafür, dass Integration gelingt, sondern in erster Linie die Kommunen. Integration geschieht in den Städten und Gemeinden. Die Kommunen sind die Problemlöser, sie müssen von Bund und Freistaat dazu finanziell in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben zu erfüllen. Wer Integrationsarbeit in Krippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen, Musikschulen, Volkshochschulen, Kultureinrichtungen, Ehrenamt und Sportstätten leisten soll, muss es sich auch leisten können. Die Kommunen standen und stehen verlässlich im Schulterschluss mit dem Freistaat, um die Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen, Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen zu sichern", betonte Günzburgs Oberbürgermeister Gerhard Jauernig.

Der Freistaat Bayern habe, anders als andere Bundesländer, einen Großteil der Kosten erstattet, die mit der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen während des Asyl- und Anerkennungsverfahrens anfallen. Für die Integration der Anerkannten fehle es an Regeln zur Kostenteilung. "Die bayerischen Kommunen erkennen die Leistungen des Freistaats an, dabei darf jedoch nicht unter den Tisch gekehrt werden, dass trotz der Leistungen des Freistaats sehr hohe Belastungen in den kommunalen Haushalten stehen bleiben", so Bosse. Wenn sich Bund und Land hier nicht stärker beteiligen würden, wäre das eine kalte Kommunalisierung von Integrationskosten.

Integration berühre viele kommunale Bereiche, bei denen Kosten auflaufen würden – von Personalkosten bis zu Investitionskosten für Gebäude: das betreffe den sozialen Wohnungsbau und den Arbeitsmarkt, das betreffe Jugendhilfe und Sozialhilfe, das umfasse Kinderbetreuung in Kindergärten, Kitas und Horten, das umgreife Erziehung, Bildung und Schule.

Der Ministerpräsident hatte Gesprächsbereitschaft für eine Unterstützung der Kommunen bei den Kosten zugesagt. In einem "open-book-Verfahren" haben die kommunalen Spitzenverbände die Kosten der kommunalen Ebene offen gelegt, um sich dann gemeinsam mit dem Freistaat über einen angemessenen aufgabenbezogenen finanziellen Ausgleich zu verständigen. Die nicht durch Einnahmen gedeckten Gesamtaufwendungen beliefen sich im Jahr 2015 auf rund 212 Millionen Euro. Dazu stellte Bosse fest: "Diese Zahl ist nur eine Momentaufnahme des Jahres 2015 aus kreisfreien Städten und Landkreisen. Im Jahr 2016 sind deutliche Steigerungen zu erwarten, insbesondere wegen des geplanten Stellenaufwuchses." Auch bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden würden sich die finanziellen Mehrbelastungen in den Haushalten niederschlagen, die aber aktuell noch nicht beziffert werden könnten. Hinzu kämen Kosten von weiteren Integrationsmaßnahmen.

Bislang hätten die kommunalen Spitzenverbände noch keine Einladung zu Gesprächen über das "open-book-Verfahren" erhalten. Beim Spitzengespräch zum kommunalen Finanzausgleich 2017 seien die flüchtlingsbedingten Mehrbelastungen der Kommunen einvernehmlich ausgeklammert worden, weil die Transfermechanismen innerhalb des Finanzausgleichs mit Ausnahme der Hochbauförderung keinen zielgerichteten Kostenausgleich ermöglichten. Es sei vereinbart worden, zu gegebener Zeit Gespräche zu führen über die Kosten für volljährig gewordene unbegleitete Flüchtlinge, die nicht gedeckten Aufwendungen der Kommunen für Aufnahme und Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern und die vom Bund für diese Aufgaben zusätzlich zu erwartenden Mittel.

Nach der Einigung zwischen Bund und den Ländern am 7. Juli 2016 über weitere Bundesmittel zur Finanzierung der Integrationskosten in Höhe von insgesamt 7 Milliarden Euro und der Aussage von Finanzminister Dr. Markus Söder, dass es sich hierbei primär um Mittel zur Entlastung der Länder handele, ist nun die Zeit für Verhandlungen gekommen. Die 7 Milliarden Euro umfassen Integrationsmittel von 6 Milliarden Euro, die der Bund den Ländern für die Jahre 2016, 2017 und 2018 zur Verfügung stellt - davon wird der Freistaat mehr als 310 Millionen Euro jährlich erhalten. Hinzu kommt in den Jahren 2017 und 2018 der bayerische Anteil an den Bundesmitteln von einer Milliarde für den Wohnungsbau. "Die kommunale Ebene muss in einem angemessenen Umfang an den Bundesmitteln beteiligt werden", forderte Bernd Buckenhofer, Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, in der Pressekonferenz.  

Bayerns Städte, Gemeinden, Landkreise und Bezirke erwarten, dass aufgabenbezogene Entlastungen in folgenden Bereichen vereinbart werden:

  • Vollständige Übernahme der Jugendhilfekosten. Jauernig: "Der Freistaat ist das einzige Bundesland, das die Kosten der Jugendhilfe für Flüchtlinge kommunalisiert: Dies geschieht über die Bezirksumlage, die kreisfreie Städte und Landkreise bezahlen; die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sind über die Kreisumlage betroffen." Die bayerischen Kommunen seien enorm belastet wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Inobhutnahme der unbegleiteten minderjährigen Ausländer im Zuge der Jugendhilfe, auf die Heranwachsende bei einem jugendhilferechtlichen Bedarf auch nach Erreichen der Volljährigkeit Anspruch haben. Die Kostenerstattungspflicht sei in Bayern auf die Bezirke übertragen und die Jugendhilfekosten würden nur für Minderjährige vom Staat finanziert. Aufgrund dieses bayerischen Sonderwegs wachse der Anteil der Kosten stetig auf, der bei den Bezirken verbleibe: So seien zu Beginn des Jahres 2016 von knapp 16.000 unbegleiteten jungen Ausländern mit Jugendhilfebezug 2.657 Fälle volljährig gewesen (16 Prozent). Zum 30. Juni 2016 habe sich bei deutlich abnehmender Gesamtzahl von 11.413 der Anteil der Volljährigen auf 3.394 Fälle erhöht (30 Prozent) und damit fast verdoppelt. Dies hänge insbesondere damit zusammen, dass der Großteil der derzeit von bayerischen Jugendämtern betreuten Fälle vor Ende Oktober 2015 in Obhut genommen worden seien und neue ankommende unbegleitete junge Ausländer wegen der bisherigen Übererfüllung der bayerischen Aufnahmequote in andere Bundesländer verteilt würden. Die Lastenverteilung verschiebe sich vom Freistaat – für die unbegleiteten minderjährigen Ausländer – immer stärker auf die Bezirke, was letztlich wiederum als Umlagezahler die Landkreise und kreisfreien Städte treffe. Da die Jugendhilfe hier klassische Integrationsarbeit leiste und keine kommunale Veranlassung vorliege, erwarteten die Kommunen, dass der Freistaat die Jugendhilfekosten auch für unbegleitete heranwachsende Ausländer trage, wie dies ohnehin bundesgesetzlich vorgesehen sei. Alle anderen Bundesländer würden diese Kosten jetzt schon tragen.
  • Entlastung der Kommunen bei den ungedeckten Verwaltungskosten, insbesondere
    durch den Vollzug des Asylbewerberleistungsgesetzes und in der wirtschaftlichen Jugendhilfe.
  • Bereitstellung finanzieller Mittel für die hauptamtliche Begleitung von ehrenamtlichen
    Helferinnen und Helfern und das freiwillige bürgerschaftliche Engagement.
  • Erhöhung der Kostenerstattung für Asylsozialberatung und Integrationsberatung.
  • Übernahme des kommunalen Förderanteils der Städte, Märkte und Gemeinden nach
    dem BayKiBiG (Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz) für Kinder anerkannter
    Flüchtlinge und Asylbewerber.
  • Berücksichtigung der Bundesmittel im allgemeinen Steuerverbund.
Die Bezirksversammlung Schwaben des Bayerischen Städtetags tagte im Memminger Rathaus. (Fotos: Julia Mayer/Pressestelle Stadt Memmingen)
Bei der Pressekonferenz (v.li.) Bezirksvorsitzender der kreisangehörigen Verbandsmitglieder in Schwaben OB Gerhard Jauernig (Günzburg), Bernd Buckenhofer, Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, und der Bezirksvorsitzende der kreisfreien Verbandsmitglieder in Schwaben OB Stefan Bosse (Kaufbeuren).