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„Wir müssen den Mut haben, nach unseren Werten zu leben“

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Gedenkfeier - 100. Jahrestag der Einweihung der Synagoge am Schweizerberg

 

Zur Gedenkfeier von Stadt und christlichen Dekanaten zum 100. Jahrestag der Einweihung der Memminger Synagoge kamen mehrere hundert Bürger und Vertreter des öffentlichen Lebens in der Martinskirche. „Das Gedenken an den Einweihungstag erlaubt es uns, an das Positive und an das Negative gleichermaßen zu erinnern“, sagte Landesrabbiner Dr. Henry G. Brandt mit Blick auf die Zerstörung des jüdischen Gotteshauses im November 1938.

Mit liturgischen Gesängen stimmt der jüdische Kantor Nicola David, begleitet von Hans-Eberhard Roß an der Orgel, die Besucher der Martinskirche auf die Gedenkfeier ein. „Trotz aller Schuld, Gewalt und Tränen möge diese Gedenkfeier im Geiste des Friedens und der Versöhnung begangen werden“, wünscht sich der evangelische Pfarrer Ralf Matthes zu Beginn.

Die festliche Einweihung der Synagoge am 8. September 1909 sei ein besonderes Ereignis für die jüdische Gemeinde und für die Stadt gewesen, erinnert Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger in seiner Ansprache. „Sie markierte einen Höhepunkt der guten Beziehungen zwischen Juden und Christen in Memmingen.“ Die jüdischen Mitbürger hätten zur wirtschaftlichen Blüte der Stadt erfolgreich beigetragen. „Diese gute Integration sollte keine 30 Jahre Bestand haben. Die tragische Geschichte der Memminger Synagoge macht uns klar, dass gute Integration kein auf alle Zeit zementierter Zustand ist“, mahnt das Stadtoberhaupt. Es gelte stets, sich weiterhin für das gute Verhältnis zu den vielen ausländischen Mitbürgern der Stadt einzusetzen. 

„Hätte die Zerstörung der Synagoge durch einen Schweigering um das jüdische Gotteshaus verhindert werden können?“, fragt Landesrabbiner Dr. Henry G. Brandt. Hätte dieses stumme Zeichen „nicht bei uns“ die Stadt vor diesem Schandfleck in ihrer Geschichte bewahrt? „Wir müssen den Mut haben, nach unseren Werten zu leben“, appelliert der Rabbiner. Jeder einzelne müsse daran arbeiten, „dass Memmingen eine Stadt des Friedens, ein Hort der Ordnung ist, wo jeder mit vollem Recht und in Würde leben kann.“

Berührende Worte finden auch der evangelische Dekan Kurt Kräß, der Verse von Selma Meerbaum-Eisinger zitiert, und sein katholische Kollege Siegbert Schindele, der Psalm 74 vorträgt. Nach gemeinsam gesungenen Liedern und dem aaronitischen Segen des Landesrabbiners machen sich alle in stillem Gedenken auf den Weg zum Gedenkstein am Schweizerberg.

Der abschließende Empfang im Rathaus bietet den Gästen die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen.

Vor der Gedenkfeier in der Martinskirche besuchte eine kleine Gruppe um den Landesrabbiner im Stadtmuseum die Sonderausstellung über jüdisches Leben in Memmingen. Kulturamtsleiter Dr. Hans-Wolfgang Bayer erläuterte bei der Führung das Modell der Synagoge und zeigte rare Fundstücke wie ein Fragment der Gründungsurkunde und einen Marmorstein aus dem Pult zur Tora-Lesung.

Kantor Nicola David
Nicola David, Kantor der jüdischen Gemeinde Augsburg, trägt liturgische Gesänge vor.
Schweigemarsch
Schweigemarsch nach der Gedenkfeier in der Martinskirche zum Gedenkstein am Schweizerberg, wo einer jüdischen Tradition folgend Steine abgelegt werden.
Eintrag ins Goldene Buch der Stadt
Beim abschließenden Empfang im Rathaus trägt sich der Landesrabbiner ins Goldene Buch der Stadt ein. Das Bild zeigt (von rechts) OB Dr. Ivo Holzinger, Landesrabbiner Dr. Henry G. Brandt, Bürgermeister Helmut Börner, Bürgermeisterin Claudia Knoll, Sheila Brandt und Kantor Nicola David.
Landesrabbiner und Kulturamtsleiter besuchen das Stadtmuseum
In der Memminger Synagoge hatten 110 Männer, 76 Frauen und 24 Kinder Platz. Kulturamtsleiter Dr. Hans-Wolfgang Bayer (rechts) zeigt Landesrabbiner Dr. Brandt im Stadtmuseum das Modell der Synagoge im Maßstab 1:50. (Fotos: Pressestelle der Stadt Memmingen)