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„Ich meine, ich hab’s richtig gemacht“

Erstellt von Pressestelle |

Wertvolles Faksimile der Handschrift C des Nibelungenliedes findet nach 500 Jahren nach Memmingen zurück

Im Rahmen eines Festaktes im Memminger Rathaus überreichte der ehemalige Stadtrat Erich Häring am Mittwochabend eine wertvolle Faksimile der Handschrift C des Nibelungenliedes dem Oberbürgermeister der Stadt Dr. Ivo Holzinger. Zu der Übergabefeier durfte der Rathauschef die Leiterin der Abteilung Sammlungen und Referentin für Bestandserhaltung der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, Dr. Ute Obhof, willkommen heißen. Festlich eingestimmt wurden die zahlreichen Gäste ganz im Zeichen des Nibelungenliedes. Zur Eröffnung trug der Schauspieler Martin Selle vom Landestheater Schwaben die ersten elf Strophen der Heldensaga in mittelhochdeutscher Sprache vor. Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde von einem Streichtrio der Sing- und Musikschule.

Dem Memminger Erich Häring ist es in den 80er-Jahren gelungen, ein wertvolles Faksimile der Handschrift C aus dem Jahre 1968 zu erwerben. Nach Aussage von Häring handelt es sich bei diesem Schriftstück um eine täuschend echte „Kopie“ der Urschrift. So wurde es bereits in einer Ausstellung direkt neben dem Original präsentiert, das sich seit dem Jahr 2001 im Besitz der Badischen Landesbibliothek befindet.

Eindrucksvoll referierte Dr. Obhof über die Geschichte des Heldenepos und erklärte, wie präzise das Originalwerk gefertigt wurde. „Die Schrift wurde von einer einzigen Hand äußerst gleichmäßig auf hohem kalligraphischem Niveau ausgeführt.“ Dabei seien die Pergamentblätter von der ersten bis zur letzten Seite in immer gleich bleibend schöner Handschrift beschrieben. „Der Schreiber war ein ausgesprochener Profi.“

Die Handschrift C des Nibelungenliedes hat für die Stadt Memmingen eine besondere Bedeutung. Sowohl das Original wie auch das Faksimile tragen einen Besitzvermerk aus der Zeit um 1450, der unmittelbar nach Memmingen verweist. „Hainrichen Durricher ist dies Buch“, so heißt es in dieser handschriftlichen Eintragung auf der ersten Seite, die den Memminger Ratsherrn Hainrich Durricher als Eigentümer der Schrift vermerkt. Hainrich Durricher war Mitglied einer Memminger Patrizierfamilie, in dessen Besitz das Buch lange Zeit war.

Den Entschluss, das wertvolle Buch seiner Heimatstadt zu schenken, begründete der 86-Jährige damit, dass er in seinem Alter angehalten sei, sein Haus zu bestellen. Häring fügte schmunzelnd hinzu, dass sich über die Jahre hinweg viele wertvolle aber auch weniger wertvolle Schätze angehäuft haben. Häring entschied sich dafür, das Faksimile seiner Heimatstadt zu schenken. „Ich meine, ich hab’s richtig gemacht.“  Mit diesen Worten schloss der ehemalige Stadtrat seine Rede und übergab das Faksimile feierlich dem Oberbürgermeister. „Ich freue mich sehr, dass wir für die wissenschaftliche Bibliothek dieses Schriftstück erhalten“. Dr. Holzinger bedankte sich auch im Namen des Stadtrates und der Verwaltung und überreichte dem großzügigen Spender eine kleine Freiheitspreismedaille der Stadt Memmingen.

Nach über 500 Jahren der Trennung kommt jetzt wieder zusammen, was zusammen gehört, das Lied  findet nach Memmingen zurück. In der Schlusszeile der Fassung C des Nibelungenliedes heißt es: hie hât daz mære ein ende: daz ist der Nibelunge liet („hier hat die Geschichte ein Ende: das ist das Lied von den Nibelungen“).

Das Nibelungenlied ist ein mittelalterliches Heldenepos, dessen Wurzeln im 5. oder 6. Jahrhundert liegen. Erst im 12. Jahrhundert n. Chr. wurden die mündlich überlieferten Erzählungen in etwa 35 deutschen Handschriften niedergeschrieben. Die sogenannte Handschrift C ist eine der drei ältesten vollständigen Überlieferungen des berühmten Heldenepos. Die Saga des Nibelungenliedes handelt von historischen Ereignissen, die sich zu Beginn des 5. Jahrhunderts abgespielt haben sollen und ist in mittelhochdeutscher Schrift verfasst.

Die Handschrift C des Nibelungenliedes wird einige Wochen in einer Vitrine vor dem Lesesaal der wissenschaftlichen Bibliothek und des Stadtarchivs in Grimmelhaus, Ulmer Straße 19, im zweiten Obergeschoss von Montag bis Donnerstag von 8 Uhr bis 12 Uhr und von 14 Uhr bis 17 Uhr sowie am Freitag von 8 Uhr bis 12 Uhr zu sehen sein. 

Erich Häring übergibt das Faksimile
Nach der Übergabe des Faksimiles von Erich Häring (links) überzeugte sich Oberbürgermeister Dr. Holzinger selbst vom eindrucksvollen Schriftbild.
Die Freude über das Nibelungenlied ist groß
Der Oberbürgermeister freute sich über die großzügige Spende. (von links): Dr. Ute Obhof, Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger, Erich Häring, Hildegard Häring.
Der "Besitzervermerk" in der Schrift
„Hainrichen Durricher ist dies Buch“. Dieser Vermerk auf der ersten Seite der Handschrift C verweist auf eine Memminger Patrizierfamilie, die lange Zeit im Besitz des Buches war. Fotos: Pressestelle der Stadt Memmingen.