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Auftaktveranstaltung „30 Jahre Wallenstein“

Erstellt von Pressestelle |

Im Herbst 1979 begann eine großartige Tradition

„Bürgerliche Geschichte wird erlebbar“ fasst Helmut Scheufele, Ehrenvorsitzender des Fischertagsvereins Memmingen e.V., die Bedeutung der Memminger Wallenstein-Spiele zusammen. Diese seien unbestritten eines der größten Historienspektakel in Europa, so Heinz Janda, stellvertretender Vorsitzender, wobei er selbst davon ausgehe, dass es das größte sei. Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger äußert im Namen von Stadt und Stadtrat die Freude über den Anklang, den die Spiele seit 30 Jahren gefunden hätten. Bemerkenswert seien die viereinhalbtausend Menschen, die sich aktiv an Wallenstein beteiligten, was von großem bürgerschaftlichen Engagement zeuge. Neben der Aktivierung der Bürgerschaft gehe es bei den Festspielen ebenso darum, die kulturelle, schwäbische Tradition zu erhalten und fortzusetzen.

Zum Auftakt des Jubiläums findet am 21. November ein Empfang des Fischertagsvereins im Rathaus statt, bei dem an die Anfänge und Vorbereitungen der Festspiele vor 30 Jahren erinnert wird. Als Fanfarenbläser und Trommelspieler lautstark ertönen, beginnt die Veranstaltung. Das Programm umfasst nebst der Begrüßung durch Janda und Dr. Holzinger den Vortrag von Scheufele, die Ansprache des „Wallensteins“ Dr. Holger Hoffmann, eine historische Modenschau sowie die Präsentation des im Juli 2010 erscheinenden Bildbands „30 Jahre Wallenstein ’Die Bürger einer Stadt spielen ihre Geschichte’“ durch Organisationsleiter Michael Ruppert.

Früher sei es Sitte gewesen, neben dem jährlichen Fischertag, alle fünf Jahre einen großen Fischertag über ein ganzes Wochenende zu veranstalten, so Ehrenvorsitzender Scheufele, der damals der aktive Vorstand war. 1980 habe man an dieser Stelle etwas neues, „unabgenütztes“ gewollt. Es habe zwar bereits Walleinsteinaufführungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegeben, doch in einem viel kleinerem Rahmen und nicht derart genau recherchiert, umgesetzt. Eine Kommission habe damals verschiedene Ideen erörtert. Neben einer Wallensteinaufführung seien dies ein Bauernkriegsszenario sowie die erste bayrische Zeit Memmingens gewesen. „Bauernkrieg und Reformation sind schwierig darzustellen, man kann ja keine aufgehängten Bauern zeigen und wir wollen auch keine Glaubenskonflikte auslösen“, erläutert Scheufele, „ und die erste bayrische Zeit gibt einfach nichts her!“. Zur Zeit, in der der Wallenstein sein Lager aufgeschlagen hatte, sei dagegen, nach dem Bericht des Stadtchronisten Sebastian Dochtermann, „Glück und Heil“ in der Stadt gewesen. Man könne neben den vielen Soldaten auch gut das Leben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen darstellen.

„Eine ganze Stadt rüstete auf“, beschreibt Scheufele die Situation vor 30 Jahren, nachdem man Kostüme und Waffen für die Spiele in Memmingen habe selbst herstellen müssen. Man habe zu dieser Zeit gerade eine Fernsehproduktion zu Wallenstein gesehen, die in Prag produziert worden sei. Eine entsandte Delegation hätte jedoch feststellen müssen, dass man dort über zu wenige Kostüme verfüge und jene überdies zu teuer gewesen wären. Man habe also eine eigene Nähstube aufgebaut und die örtlichen Betriebe mit der Fertigung der Ausrüstungsgegenstände beauftragt.

Die Modenschau steht im Zeichen des damaligen Wandels. Solange unklar gewesen sei, wer aus dem 30-jährigen Krieg als Sieger hervorgehen würde, habe die spanische Mode der Höfe an Bedeutung verloren, schildert Schneidermeisterin Renate Nägele: „Es sind die Soldaten, nicht die Höfe, die zu dieser Zeit die Mode bestimmen.“ Und Wallenstein habe als einer der ersten seine Soldaten „einheitlich uniformiert“.

Dr. Hoffmann, der den Wallenstein im Jahr 2000 und 2008 gespielt hat, vermittelt einen Eindruck aus Sicht des Protagonisten. Es sei ein „Wandeln auf großen Spuren“ gewesen, gleichsam historisch wie auf seine Rollenvorgänger bezogen. Regisseur Josef Charvat sei an ihn 1999 herangetreten und habe gewollt, dass er das Reiten lerne „Wie soll man da ablehnen?“, gesteht Hoffmann. Doch die ersten Reitstunden wurden schmerzhaft: Die Rhythmusfindung beim Trab habe bereits länger gedauert, doch an die erste Galoppstunde schloss sich gar ein längerer Krankenhausaufenthalt an. Schließlich fuhr er 2000 mit der Kutsche bei den Festspielen ein. „Die Wichtigkeit des Leibarztes hat in all den Jahren nicht abgenommen!“, bemerkt Hoffmann mit Blick auf den Feldherrn Wallenstein. Überhaupt, zum „Wallenstein“ werde man nicht allein durch die Rolle, sondern erst durch das emotionale Spielen der zahlreichen Mitspieler, die den Respekt gegenüber der verkörperten Figur glaubhaft inszenieren könnten. In diesem Sinne habe er den Applaus genossen, der für dieses Resultat aller Mitwirkenden die Belohnung sei.

Ruppert stellt den kommenden Bildband zum 30-jährigen Veranstaltungsbestehen vor und gibt einige Kostproben in seiner elektronischen Präsentation. Dieser zeige einzigartige Impressionen der vergangenen acht Festspiele. Hierzu seien über 18.000 professionelle Fotografien ausgewertet worden. Mit Entwicklung der Technik gebe es die letzten Jahre vermehrt auch gute private Aufnahmen. Doch habe man nicht nur die neueren Aufführungen abbilden wollen, sondern einen Querschnitt zum Jubiläum erstellen wollen.

Für passendes Ambiente zwischen den einzelnen Punkten sorgt unter Leitung von Barbara Glück eine Chorgruppe mit Gesängen des 17. Jahrhunderts, die jeweils nach jedem Programmteil zwei Lieder anstimmt. Zu ihrem Repertoire gehören Deutsch, Latein und Französisch.

Im Anschluss an die knapp eineinhalbstündige Veranstaltung findet ein Stehempfang im Sitzungsbereich des Rathauses statt.

Der Memminger Fanfarenzug
Stilechte Tonkulisse durch traditionelle Trommelschläge und Fanfarenstöße.
Der Oberbürgermeister bei Begrüßung
Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger bei seiner Begrüßungsrede.
Ehrenvorstand Helmut Scheufele blickte zurück
Helmut Scheufele, Ehrenvorsitzender des Fischertagsvereins, hält seinen Vortrag.
Die Bettler in Aktion
Bei der Modenschau dürfen die Bettler diesmal als erste auftreten. Das ist anders als bei den Festspielen, bei denen sie stets zum Schluss kommen. Die erste Reihe, inklusive Dr. Holzinger leistet ihren Obolus.
Der Memminger Adel
Die Adelsleute trugen edelste Stoffe. Anhand der Anzahl der Goldknöpfe erkannte man ihren Einfluss.
Ein Musketier
Ein Offizier der Musketiere mit Gabelstock, um die lange, schwere Muskete aufzulegen. Die Pulverflaschen am Lederriemen sind die sogenannten 12 Apostel.
Dr. Holger Hoffmann als Albrecht von Wallenstein
Dr. Holger Hoffmann als Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein; in den Händen hält er den Kommandostab. Fotos: Pressestelle der Stadt Memmingen